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Biblische Gedanken

Tag für Tag Gedanken und Impulse zu biblischen Texten. 

Impuls für diesen Tag

9.Juni  Psalm 8
HERR, unser Herr, wie gewaltig ist dein Name auf der ganzen Erde, der du deine Hoheit gebreitet hast über den Himmel. Aus dem Mund der Kinder und Säuglinge hast du ein Bollwerk errichtet wegen deiner Gegner, um zum Einhalten zu bringen Feinde und Rachgierige. Schaue ich deine Himmel, die Werke deiner Finger, Mond und Sterne, die du befestigt: Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst? Du hast ihn nur wenig geringer gemacht als Gott, du hast ihn gekrönt mit Pracht und Herrlichkeit. Du hast ihn als Herrscher eingesetzt über die Werke deiner Hände, alles hast du gelegt unter seine Füße: Schafe und Rinder, sie alle und auch die wilden Tiere, die Vögel des Himmels und die Fische im Meer, was auf den Pfaden der Meere dahinzieht. HERR, unser Herr, wie gewaltig ist dein Name auf der ganzen Erde!
Der Beter staunt über die Größe Gottes. Vielleicht steht er gerade unter einem gewaltigen Sternenhimmel und staunt über die Unendlichkeit des Weltalls. Dieser Gott lässt immer wieder neues Leben entstehen, es ist ein unbegreifliches Wunder, wie wir es in der Geburt eines Kindes erleben können. Angesichts dieses gewaltigen Himmels fühle ich mich klein und unbedeutend – ich bin nichts weiter als ein Staubkorn am Rande des Universums. Doch Gott sagt: Du bist das Wesen, das ich geschaffen habe, um diese ganze Welt zu regieren! Du bist mein Ebenbild, mein Stellvertreter in diesem Weltall. Du hast die Aufgabe, über all das zu herrschen, es zu ordnen und zu bewahren. Du bist wenig geringer als ich selbst. Das also ist meine Würde und meine Aufgabe! Wie kann ich heute meiner gottgegebenen Aufgabe gerecht werden? Was hat der Verwalter der guten Schöpfung Gottes heute zu tun?

8.Juni  Psalm 7, 2 – 6 + 12 - 18

HERR, mein Gott, ich flüchte mich zu dir; hilf mir vor allen Verfolgern und rette mich, damit niemand wie ein Löwe mein Leben zerreißt, mich packt und keiner ist da, der rettet! Wenn ich das getan habe, HERR, mein Gott, wenn an meinen Händen Unrecht klebt, wenn ich meinem Freunde Böses tat, wenn ich den ausraubte, der mich jetzt grundlos bedrängt, dann soll mich der Feind verfolgen und ergreifen; er trete zu Boden mein Leben und lege in den Staub meine Ehre.
Gott ist ein gerechter Richter, ein Gott, der an jedem Tag zürnt. Fürwahr, wieder schärft der Frevler sein Schwert, spannt seinen Bogen und zielt. Doch gegen sich selbst hat er tödliche Waffen gerichtet, bereitet sich glühende Pfeile. Siehe, Unrecht empfängt er; er geht schwanger mit Unheil und gebiert Lüge. Ein Loch hat er gegraben und es ausgeschaufelt, da fiel er in die Grube, die er selber gemacht hat. Seine Untat kehrt auf sein Haupt zurück und auf seinen Scheitel steigt seine Gewalttat herab. Ich will dem HERRN danken gemäß seiner Gerechtigkeit; ich will singen und spielen dem Namen des HERRN, des Höchsten.

Da wird einer von seinen Feinden angeklagt und beschuldigt. Geschieht das zu Recht? Wenn es so ist, sagt er, dann soll mich die mir zugedachte Strafe treffen! Aber er ist doch der Überzeugung, dass er zu Unrecht beschuldigt wird. Sein Gott ist gerecht und er wird nicht zulassen, dass der, der ihn anklagt und verleumdet, einfach davonkommt. Es gibt eine Gerechtigkeit, die sich am Ende gegen den wendet, der andere unterdrückt. Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein. Ja, wir hoffen auf Gerechtigkeit, nicht um am Ende zu triumphieren, sondern weil wir ohne sie nicht gut leben können. Das ist die Zusage dieses Gebetes: Die Gerechtigkeit Gottes wird sich durchsetzen, auch wenn jetzt das Unrecht herrscht. Wo ist mir Unrecht widerfahren? Habe ich die Erfahrung gemacht, dass Gott schließlich eingegriffen hat?


7. Juni  Psalm 6, 2 - 5
Ach, HERR, strafe mich nicht in deinem Zorn und züchtige mich nicht in deinem Grimm! HERR, sei mir gnädig, denn ich bin schwach; heile mich, HERR, denn meine Gebeine sind erschrocken und meine Seele ist sehr erschrocken. Ach du, HERR, wie lange! Wende dich, HERR, und errette meine Seele, hilf mir um deiner Güte willen!

Bist du schon einmal über dich erschrocken? Luther kommentiert diesen Vers mit den Worten: “Niemand bittet gründlich, der noch nicht gründlich erschrocken und verlassen ist.” Das Erschrecken über eine Tat oder einen Gedanken führt mir vor Augen, dass ich Abgründe in mir habe. Die Verlassenheit, von der Luther spricht, ist die Erfahrung, diesem Abgrund ausgeliefert zu sein, ohne Gott, ohne Hilfe. Die Bitte um Vergebung ist dann gründlich, wenn mir klar wird, wie weit ich mich in meinem Tun von Gott entfernt habe. Hier im Psalm verbindet der Beter das Erschrecken mit der Furcht vor Strafe. Was ist diese Strafe letztlich Anderes als das Getrenntsein von Gott? So betet David in einem anderen Psalm: “Nimm deinen Heiligen Geist nicht von mir!” Erschrecke ich noch über Dinge, die “mir passieren”, wie ich über andere Menschen denke oder an ihnen handle?

6.Juni  Psalm 5, 4 - 13
HERR, am Morgen hörst du mein Rufen, am Morgen rüste ich das Opfer zu, nach dir halte ich Ausschau. Denn du bist kein Gott, dem das Unrecht gefällt; ein Böser darf nicht bei dir weilen. Nicht bestehen die Stolzen vor deinen Augen; du hassest alle, die Unrecht tun. Du lässt die Lügner zugrunde gehn, Mörder und Betrüger sind dem HERRN ein Gräuel. Ich aber darf dein Haus betreten dank deiner großen Güte, ich werfe mich nieder in Ehrfurcht vor deinem heiligen Tempel. HERR, leite mich in deiner Gerechtigkeit, meinen Feinden zum Trotz; ebne deinen Weg vor mir! Denn aus ihrem Mund kommt kein wahres Wort, ihr Inneres ist voll Verderben. Ihre Kehle ist ein offenes Grab, aalglatt ist ihre Zunge. Gott, lass sie dafür büßen; sie sollen fallen durch ihre eigenen Ränke. Verstoße sie wegen ihrer vielen Verbrechen; denn sie empörten sich gegen dich. Doch alle sollen sich freuen, die auf dich vertrauen, und sollen immerfort jubeln. Beschütze sie und sie werden jauchzen über dich, die deinen Namen lieben. Denn du, HERR, segnest den Gerechten. Wie mit einem Schild deckst du ihn mit Gnade.

Ja, so hätten wir das gerne! Alle sind sie schlecht, ich aber....Das erinnert an Jesu Gleichnis vom Pharisäer und Zöllner in Lukas 18: Der Pharisäer betet Psalm 5, der Zöllner betet: “Sei mir Sünder gnädig.” Und Jesus sagt dazu: “Dieser ging gerechtfertigt hinab in sein Haus, nicht jener. Denn wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden; und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden.” Menschlich verständlich sind die Worte des Psalmbeters – wer wirklich Unrecht erfährt, wer erlebt, dass andere Menschen mit Betrug und Lüge davonkommen oder wie jüngst im Cum-Ex-Skandal Millionen einstreichen und sich keines Unrechts bewusst sind, der findet leicht zu solchen Worten. Und es ist ja gut, seinen Zorn herauszulassen, Worte zu finden, statt an Bitterkeit zu ersticken. Doch am Ende findet er noch zu einer positiven Aussage: Du Herr, segnest die Gerechten. Und das sagt er gegen alle vorherige Erfahrung! Wie gehe ich mit Bösem um, das mir widerfährt?


5.Juni Psalm 4
Wenn ich rufe, gib mir Antwort, Gott meiner Gerechtigkeit! Du hast mir weiten Raum geschaffen in meiner Bedrängnis. Sei mir gnädig und hör auf mein Flehen! Ihr Mächtigen, wie lange noch schmäht ihr meine Ehre, wie lange noch liebt ihr das Nichtige und sucht die Lüge? Erkennt, dass der HERR sich seinen Frommen erwählt hat, der HERR hört, wenn ich zu ihm rufe. Erschreckt und sündigt nicht! Bedenkt es auf eurem Lager und werdet still! Bringt Opfer der Gerechtigkeit dar und vertraut auf den HERRN! Viele sagen: Wer lässt uns Gutes schauen? HERR, lass dein Angesicht über uns leuchten! Du legst mir größere Freude ins Herz, als andere haben bei Korn und Wein in Fülle. In Frieden leg ich mich nieder und schlafe; denn du allein, HERR, lässt mich sorglos wohnen.

Da wird eine oder einer bedrängt. Andere verbreiten Lügen und nutzen ihre Machtstellung aus. Wie oft geschieht das, wo Menschen zusammenleben – in der Familie, in der Arbeit oder gar in der Gemeinde. Da denkt Mancher: Es gibt hier keine Gerechtigkeit für mich. Doch der Beter wendet sich an Gott. Er hat schon erfahren, dass Gott ihm weiten Raum geschaffen hat, Lebensraum, Raum zum Atmen. Die Mächtigen sollen ihr Tun bedenken. Er weiß für sich: Gott hört mich! Gott ist für mich da und segnet mich. Und in der Vergewisserung dieses Segens breitet sich in ihm Freude aus: Ich bin in Dir, Gott, geborgen. Nichts kann mich aus deiner schützenden Hand reißen. Diese Freude ist tiefer als die Freude über materiellen Wohlstand. Es ist die Freude über den Shalom Gottes, über ein Leben, das so ist, wie es sein soll. Ein sinnerfülltes Leben in Gerechtigkeit.  Verstehst du, was der Beter des Psalms empfindet? 

4. Juni Psalm 3, 2 - 6

 HERR, wie viele sind meine Bedränger; viele stehen gegen mich auf. Viele gibt es, die von mir sagen: Er findet keine Hilfe bei Gott. Du aber, HERR, bist ein Schild für mich, du bist meine Ehre und erhebst mein Haupt. Ich habe laut zum HERRN gerufen; da gab er mir Antwort von seinem heiligen Berg. Ich legte mich nieder und schlief, ich erwachte, denn der HERR stützt mich.

Laut rufen hilft! Das hat David erfahren. Am Abend hat er Gott angefleht, ihm zu helfen. Irgendwann in der Nacht ist er eingeschlafen – und am Morgen war eine neue Hoffnung da: Der Herr stützt mich! Es ist eine wichtige Erfahrung: Schlafen bedeutet sich überlassen, nichts mehr tun. „Vielleicht ist morgen alles zu Ende, vielleicht wache ich nicht mehr auf!“ Damit schläft man nicht gut ein. Es ist eine wichtige Übung, sich zuletzt Gott zu überlassen, ihm alles zu überlassen. Dann kann man die Erfahrung machen, dass am nächsten Morgen die Dinge in einem neuen Licht erscheinen und Probleme sich lösen. „Glauben heißt loslassen!“ sagt Richard Rohr. Was  sollte ich heute Gott überlassen?

3.Juni  Psalm 2
Warum toben die Völker, warum ersinnen die Nationen nichtige Pläne? Die Könige der Erde stehen auf, die Großen tun sich zusammen gegen den HERRN und seinen Gesalbten: Lasst uns ihre Fesseln zerreißen und von uns werfen ihre Stricke! Er, der im Himmel thront, lacht, der HERR verspottet sie. Dann spricht er in seinem Zorn zu ihnen, in seinem Grimm wird er sie erschrecken: Ich selber habe meinen König eingesetzt auf Zion, meinem heiligen Berg. Den Beschluss des HERRN will ich kundtun. Er sprach zu mir: Mein Sohn bist du. Ich selber habe dich heute gezeugt. Fordere von mir und ich gebe dir die Völker zum Erbe und zum Eigentum die Enden der Erde. Du wirst sie zerschlagen mit eisernem Stab, wie Krüge aus Ton wirst du sie zertrümmern. Nun denn, ihr Könige, kommt zur Einsicht, lasst euch warnen, ihr Richter der Erde! Mit Furcht dient dem HERRN, jubelt ihm zu mit Beben, küsst den Sohn, damit er nicht zürnt und euer Weg sich nicht verliert, denn wenig nur und sein Zorn ist entbrannt. Selig alle, die bei ihm sich bergen!

Das ist eine für uns ungewohnt heftige Sprache! Wir sprechen nicht gerne so, reden nicht vom Zorn Gottes. Wir haben es lieber friedlich. Nur – was ist mit den Menschen, die unter die Räder gekommen sind? Wie sehen das die Geschöpfe Gottes, die gnadenlos ausgebeutet werden? Jesus beruft sich auf diesen Gott als seinen Vater. Doch Jesus geht nicht mit Gewalt vor – er lässt sich kreuzigen. Wird am Ende die Liebe siegen? Werden die Mächtigen dieser Welt Einsicht zeigen? Das Evangelium hat die Welt verändert – Unterdrückung, Ausbeutung und Eroberungskriege sind heute keine Heldentaten mehr, sondern Verbrechen. Das ist gut so und trotzdem gibt es noch so viel Unrecht und Leid, das Menschen Menschen zufügen. Wir stehen in diesem Kampf, der nicht entschieden ist. Am Ende aber steht Gottes Gerechtigkeit für alle Menschen. Wo aber stehe ich in diesem Kampf um weltweite Gerechtigkeit?

2.Juni  Psalm 1
Wohl dem, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen noch tritt auf den Weg der Sünder noch sitzt, wo die Spötter sitzen, sondern hat Lust am Gesetz des HERRN und sinnt über seinem Gesetz Tag und Nacht! Der ist wie ein Baum, gepflanzt an den Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit, und seine Blätter verwelken nicht. Und was er macht, das gerät wohl. Aber so sind die Gottlosen nicht, sondern wie Spreu, die der Wind verstreut. Darum bestehen die Gottlosen nicht im Gericht noch die Sünder in der Gemeinde der Gerechten. Denn der HERR kennt den Weg der Gerechten, aber der Gottlosen Weg vergeht.

Wandeln, stehen, sitzen – da gerät einer immer tiefer hinein in die Verstrickung. Das Sitzen bei den Spöttern ist der Endpunkt einer Entwicklung, die mit dem Zuhören bei den Gottlosen begonnen hat. Den verlockenden Ratschlägen folgt irgendwann die Tat. Was hilft dagegen? Die Lust! Man könnte auch sagen: Die Begeisterung für das, was Gott sagt und rät. Leben im Sinne Gottes darf keine lästige Pflichtübung sein, sondern eine Sache vollen Engagements aus der Überzeugung heraus, dass ich etwas sehr Sinnvolles tue. Dann werde ich denen gegenüber, die darüber spotten, nicht nur standhalten, sondern eine Antwort geben können: Ich tue etwas Sinnvolles und Schönes – was tut ihr?

1.Juni  1.Mose 22, 15 - 19
Und der Engel des HERRN rief Abraham abermals vom Himmel her und sprach: Ich habe bei mir selbst geschworen, spricht der HERR: Weil du solches getan hast und hast deines einzigen Sohnes nicht verschont, will ich dich segnen und deine Nachkommen mehren wie die Sterne am Himmel und wie den Sand am Ufer des Meeres, und deine Nachkommen sollen die Tore ihrer Feinde besitzen; und durch deine Nachkommen sollen alle Völker auf Erden gesegnet werden, weil du meiner Stimme gehorcht hast. So kehrte Abraham zurück zu seinen Knechten. Und sie machten sich auf und zogen miteinander nach Beerscheba und Abraham blieb daselbst.

Hat sich Abraham durch diese Tat einen besonderen Lohn verdient? Ist der Segen Gottes davon abhängig, ob wir richtig oder viel glauben? Der erste Segen Abrahams war ja noch bedingungslos. Man kann das auch anders sehen: Gott sucht einen Mann, der ihm gehorcht und in seinem Sinne handelt. Der Segen ist ja nicht nur sein Segen, er betrifft seine Nachkommen, ja, das ganze Volk Israel. Hier beginnt eine Geschichte Gottes, die sich durch 4000 Jahre bis heute fortsetzt. Abrahams Beziehung zu Gott, sein Hören und Handeln sind eine wichtige Voraussetzung dafür. Würde ich manchmal anders handeln, wenn ich wüsste, dass mein Handeln Segensfolgen für Menschen hat, die nach mir kommen?

31.Mai  1.Mose 22 7 - 14
Da sprach Isaak zu seinem Vater Abraham. Er sagte: Mein Vater! Er antwortete: Hier bin ich, mein Sohn! Dann sagte Isaak: Hier ist Feuer und Holz. Wo aber ist das Lamm für das Brandopfer? Abraham sagte: Gott wird sich das Lamm für das Brandopfer ausersehen, mein Sohn. Und beide gingen miteinander weiter. Als sie an den Ort kamen, den ihm Gott genannt hatte, baute Abraham dort den Altar, schichtete das Holz auf, band seinen Sohn Isaak und legte ihn auf den Altar, oben auf das Holz. Abraham streckte seine Hand aus und nahm das Messer, um seinen Sohn zu schlachten. Da rief ihm der Engel des HERRN vom Himmel her zu und sagte: Abraham, Abraham! Er antwortete: Hier bin ich. Er sprach: Streck deine Hand nicht gegen den Knaben aus und tu ihm nichts zuleide! Denn jetzt weiß ich, dass du Gott fürchtest; du hast mir deinen Sohn, deinen einzigen, nicht vorenthalten. Abraham erhob seine Augen, sah hin und siehe, ein Widder hatte sich hinter ihm mit seinen Hörnern im Gestrüpp verfangen. Abraham ging hin, nahm den Widder und brachte ihn statt seines Sohnes als Brandopfer dar.

Es bleibt für uns trotz aller Erklärungen letztlich unverständlich, warum diese Szene so abläuft. Es geht hier eben nicht darum, wie Isaak sich gefühlt hat und wie er das Ganze verarbeitet hat. Es geht ganz um den Glauben Abrahams. Sein absolutes Vertrauen in seinen Gott soll herausgestellt werden. In einer Umgebungskultur, in der solche Dinge üblich waren, ist dieses „Glaubensbeispiel“ möglich – in unserem Kontext nicht. Was bleibt, ist die Aussage, dass Abraham Gott nichts vorenthält und sich ihm grenzenlos anvertraut. Das wird zur Frage an uns: Wo lebe ich solch grenzenloses Vertrauen? In welchen Lebenssituationen habe ich erlebt, dass ich „ohne Netz und doppelten Boden“ vertrauen konnte – und dann erlebt habe, dass Gott eingegriffen hat?

30.Mai 1.Mose 22, 1 - 6

Nach diesen Ereignissen stellte Gott Abraham auf die Probe. Er sprach zu ihm: Abraham! Er sagte: Hier bin ich. Er sprach: Nimm deinen Sohn, deinen einzigen, den du liebst, Isaak, geh in das Land Morija und bring ihn dort auf einem der Berge, den ich dir nenne, als Brandopfer dar! Frühmorgens stand Abraham auf, sattelte seinen Esel, nahm zwei seiner Jungknechte mit sich und seinen Sohn Isaak, spaltete Holz zum Brandopfer und machte sich auf den Weg zu dem Ort, den ihm Gott genannt hatte. Als Abraham am dritten Tag seine Augen erhob, sah er den Ort von Weitem. Da sagte Abraham zu seinen Jungknechten: Bleibt mit dem Esel hier! Ich aber und der Knabe, wir wollen dorthin gehen und uns niederwerfen; dann wollen wir zu euch zurückkehren.

Gott stellt Abraham auf die Probe. Ist es wirklich so, dass es Gott darauf ankommt, dass Abraham auch die unsinnigsten Befehle ausführt? Das wäre eine gefährliche Botschaft für Terroristen und andere Fanatiker. In den Völkern rings um Israel waren Erstgeburtsopfer in schwierigen Situationen durchaus üblich (2.Könige 3,27). Darum kann man in dieser Geschichte auch den Beginn einer ganz neuen Gottesbeziehung sehen: Die kulturell „normale“ Opferung wird nicht stattfinden, nie mehr wird im späteren Israel ein Mensch geopfert. Abraham gehorcht zwar, aber er hofft zugleich, dass irgendetwas passieren wird, das das Schicksal Isaaks abwendet. „Dann wollen wir zu euch zurückkehren“, sagt er zu seinen Knechten. Er hofft auf Gott gegen Gott! So geht es gerade nicht um „Kadavergehorsam“, sondern um eine lebendige Beziehung, in der mit Zweifeln, Fragen und Hoffnungen gerungen wird. Das sieht man auch bei Jesus: Er geht nicht selbstverständlich in den Tod – oder gar heiter wie Sokrates – sondern er ringt mit seinem Vater darum. Hast du schon einmal mit Gott gerungen?


29. Mai 1.Mose 21, 15 - 21

Als das Wasser im Schlauch zu Ende war, warf Hagar das Kind unter einen Strauch, ging weg und setzte sich in der Nähe hin, etwa einen Bogenschuss weit entfernt; denn sie sagte: Ich kann nicht mit ansehen, wie das Kind stirbt. Sie saß in der Nähe und erhob ihre Stimme und weinte. Gott hörte den Knaben schreien; da rief der Engel Gottes vom Himmel her Hagar zu und sprach: Was hast du, Hagar? Fürchte dich nicht, denn Gott hat die Stimme des Knaben gehört, dort, wo er liegt. Steh auf, nimm den Knaben hoch und halt ihn fest an deiner Hand; denn zu einem großen Volk will ich ihn machen. Gott öffnete ihr die Augen und sie erblickte einen Brunnen. Sie ging hin, füllte den Schlauch mit Wasser und gab dem Knaben zu trinken. Gott war mit dem Knaben. Er wuchs heran, ließ sich in der Wüste nieder und wurde ein Bogenschütze. Er ließ sich in der Wüste Paran nieder und seine Mutter nahm ihm eine Frau aus Ägypten.

Hagar ist am Ende. Sie hat alles versucht, um aus dieser Wüste herauszukommen. Nun bricht sie zusammen. Doch wie merkwürdig: Gott erhört sie nicht, Gott hört den Knaben schreien. Dieses Kind darf nicht sterben, denn es soll zu einem großen Volk werden. Hat Gott Hagar nicht gehört? Doch, denn Gott hört die Stimme der Klagenden. Hagar ist in ihrer Klage blind, sie sieht den Brunnen nicht, der ihr Leben rettet. „Nah ist und schwer zu fassen der Gott. Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch.“ – hat einst Hölderlin gedichtet. Gott mutet uns Situationen zu, in denen das Rettende nah ist und wir es dennoch nicht erkennen. Warum greift er nicht früher ein? Ist das Erleben des „Ans-Ende-Kommens“ für uns notwendig? Es kann sein, dass erst diese Situation unsere eigenen Wege beendet. Erst dann erkennen wir uns als hilfsbedürftig, als „gottesbedürftig“. Kenne ich solche Situationen, in denen meine eigenen Möglichkeiten an ihr Ende kamen?



28.Mai Pfingsten  Apostelgeschichte 2, 1 - 7

 Schließlich kam das Pfingstfest. Auch an diesem Tag waren sie alle wieder am selben Ort versammelt. Plötzlich setzte vom Himmel her ein Rauschen ein wie von einem gewaltigen Sturm; das ganze Haus, in dem sie sich befanden, war von diesem Brausen erfüllt.  Gleichzeitig sahen sie so etwas wie Flammenzungen, die sich verteilten und sich auf jeden Einzelnen von ihnen niederließen.  Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt, und sie begannen, in fremden Sprachen zu reden; jeder sprach so, wie der Geist es ihm eingab.  Wegen des Pfingstfestes hielten sich damals fromme Juden aus aller Welt in Jerusalem auf. Als nun jenes mächtige Brausen vom Himmel einsetzte, strömten sie in Scharen zusammen. Sie waren zutiefst verwirrt, denn jeder hörte die Apostel und die, die bei ihnen waren, in seiner eigenen Sprache reden. Fassungslos riefen sie: »Sind das nicht alles Galiläer, die hier reden?"
Es sind mehrere Merkmale, die bei diesem bekannten Bericht auffallen. Einmal geschieht das alles total überraschend. Niemand hat mit dem Geist an diesem Tag gerechnet. Aber die Nachfolger Jesu waren in Erwartung zusammen. Gott benutzt für sein Wirken immer wieder unsere manchmal trockenen "Übungen" im Alltag. Zweitens sahen sie etwas, konnten aber nichts Genaues erkennen. Gerade diese Ungenauigkeit spricht für die Genauigkeit des Berichtes. Ihnen ging es nicht um die Beschreibung himmlischer Sphären, sondern um ihre persönliche Gewissheit: Ich bin von Gottes Geist berührt und gefüllt worden. Und drittens: Verwirrung und Fassungslosigkeit der Außenstehenden. Da läuft nichts in ruhiger Ordnung ab. Die Apostel sind in Ekstase und beten durcheinander in allen möglichen Sprachen. Der Geist hält sich an keine Gottesdienstordnung! Klar, das war der Anfang - aber ein wenig mehr Geist und Begeisterung täte unseren Gottesdiensten schon gut, oder? Unsere Aufgabe ist aber nur, Raum zu schaffen, nicht Chaos zu erzeugen. 

27. Mai 1.Mose 21, 9 - 14

 Eines Tages beobachtete Sara, wie der Sohn, den die Ägypterin Hagar Abraham geboren hatte, spielte und lachte. Da sagte sie zu Abraham: Vertreibe diese Magd und ihren Sohn! Denn der Sohn dieser Magd soll nicht zusammen mit meinem Sohn Isaak Erbe sein. Die Sache war sehr böse in Abrahams Augen, denn es ging um seinen Sohn. Gott sprach aber zu Abraham: Die Sache wegen des Knaben und wegen deiner Magd sei nicht böse in deinen Augen. Hör auf alles, was dir Sara sagt! Denn nach Isaak sollen deine Nachkommen benannt werden. Aber auch den Sohn der Magd will ich zu einem großen Volk machen, weil auch er dein Nachkomme ist. Früh am Morgen stand Abraham auf, nahm Brot und einen Schlauch mit Wasser und gab es Hagar, legte es ihr auf die Schulter, übergab ihr das Kind und entließ sie. Sie zog fort und irrte in der Wüste von Beerscheba umher.

War es wirklich nur harmloses Spiel, das Sara so auf die Palme brachte? Oder sah sie plötzlich, dass der Sohn Hagars, Ismael, zum gefährlichen Konkurrenten ihres Sohnes wurde? Abraham sieht diesen kommenden Konflikt nicht, vermutlich hat er einfach gesagt: Die sollen sich vertragen! Doch Gott weist Abraham auf die Brisanz der Sache hin: Es ist nicht gleich, wer der Erbe ist. Aus Isaak soll das Volk Israel entstehen. Merkwürdig ist: Gott selbst befiehlt hier, dem Vorschlag Saras zu folgen, der Hagar und ihren Sohn in große Not bringt. Hier klingt ein Problem an, das unlösbar ist: Wenn Gott solche Dinge anordnet, ist er dann nicht für die Folgen verantwortlich? Oder war Abraham in der Ausführung dieser Vertreibung gedankenlos? Gott musste später einen Engel schicken, um das Schlimmste zu verhüten! Wenn Sie schon einmal einen Mitarbeiter entlassen mussten, kennen Sie das Dilemma: Sie bringen ihren Nächsten in große Schwierigkeiten. Weil das unangenehm ist, haben wir die Tendenz, solche Dinge schnell und rigoros zu "erledigen" - gleich am Morgen einen Wasserschlauch auf die Schulter und - tschüss! Die Liebe zu und Achtung vor dem Anderen kann uns dazu bringen, Notwendiges achtsam und respektvoll auszuführen. Und dann darum zu beten, dass der daraus sich ergebende Weg zu etwas Gutem und Heilsamen führt.


26.Mai 1.Mose 21, 1 - 8  
Der HERR nahm sich Saras an, wie er gesagt hatte, und er tat Sara so, wie er versprochen hatte. Sara wurde schwanger und gebar dem Abraham noch in seinem Alter einen Sohn zu der Zeit, die Gott angegeben hatte. Abraham gab seinem Sohn, den ihm Sara gebar, den Namen Isaak. Als sein Sohn Isaak acht Tage alt war, beschnitt ihn Abraham, wie Gott ihm geboten hatte. Abraham war hundert Jahre alt, als ihm Isaak, sein Sohn, geboren wurde. Sara aber sagte: Gott ließ mich lachen; jeder, der davon hört, wird mir zulachen. Wer, sagte sie, hätte Abraham zu sagen gewagt, Sara werde noch Kinder stillen? Und nun habe ich ihm noch in seinem Alter einen Sohn geboren. Das Kind wuchs heran und wurde entwöhnt. Als Isaak entwöhnt wurde, veranstaltete Abraham ein großes Festmahl.

Sara, die über die Verheißung gelacht hatte, hat nun wirklich etwas zu lachen – ein Lachen der Freude und Erleichterung. (Isaak bedeutet: Er wird lachen oder er bringt mich zum Lachen.) In dem Satz „Wer hätte Abraham zu sagen gewagt…“ klingt an, wie schwierig es über die Jahre geworden war, an der Verheißung festzuhalten. „Sprich mit Abraham ja nicht mehr über diese Verheißung, er wird fuchsteufelswild, wenn er das nochmal hören muss!“, so werden die Leute in seiner Sippe geredet haben. Plötzlich ist das Leben leicht und heiter. Es ist gut, sich dann auch an die Jahre des Zweifelns, des Ringens um die Verheißung zu erinnern. Ja, mir ist gesagt worden, dass mir alle Dinge zum Guten mitwirken werden – aber wie schwer war es angesichts all der Probleme und Abbrüche des Lebens! Die Rückschau macht demütig und dankbar zugleich. Das Glück der Erfüllung UND das Durchhalten sind Geschenke, nicht eigene Leistung. Wann habe ich solche Erfahrungen gemacht? Erfahrungen der Verheißung und langen Wartens und Erfahrungen der Erfüllung?

25.Mai 1.Mose 20, 1 - 7

Abraham brach von dort auf in das Land des Negeb. Er ließ sich zwischen Kadesch und Schur nieder und hielt sich in Gerar als Fremder auf. Abraham sagte von Sara, seiner Frau: Sie ist meine Schwester. Da schickte Abimelech, der König von Gerar, hin und ließ Sara holen. Gott kam nachts zu Abimelech im Traum und sprach zu ihm: Siehe, du wirst sterben wegen der Frau, die du dir genommen hast; sie ist verheiratet. Abimelech aber hatte sich ihr noch nicht genaht. Mein Herr, sagte er, willst du denn schuldlose Menschen töten? Hat er mir nicht selbst gesagt: Sie ist meine Schwester? Auch sie selbst hat gesagt: Er ist mein Bruder. Mit arglosem Herzen und mit reinen Händen habe ich das getan. Da sprach Gott zu ihm im Traum: Auch ich weiß, dass du es mit arglosem Herzen getan hast. Ich habe dich ja auch daran gehindert, gegen mich zu sündigen. Darum habe ich nicht zugelassen, dass du sie anrührst. Jetzt aber, gib die Frau dieses Mannes zurück!

Diese Geschichte kam schon einmal vor! Das war doch schon beim Besuch des Pharaos in Ägypten so! Die Theologen erklären uns, dass diese Erzählung eine „Dublette“ ist, eine etwas veränderte Version der gleichen Geschichte. Das mag so sein – und trotzdem haben sich die Schreiber der fünf Bücher Mose etwas dabei gedacht. Kann es sein, dass man eine Dummheit mehrfach begeht? Oder wieder in eine Sünde fällt, obwohl man glaubhaft beteuert hat, das würde einem nie mehr passieren? Natürlich! Das hängt meist damit zusammen, dass wir zwar die einzelne Tat bereuen, aber den dahinterstehenden Mechanismus nicht erkannt haben. Bei Abraham ist es die Angst um sein eigenes Leben, die Angst, umgebracht zu werden, weil ein Mächtigerer seine Frau haben will. Diese teilweise reale Bedrohung wächst sich bei ihm zur paranoiden Haltung aus. Viele Menschen werden, wenn sie etwas Wertvolles besitzen, von paranoiden Ängsten geplagt, dass jemand ihnen ihren Schatz rauben könnte. Herrscht diese Angst, so geht das Vertrauen verloren. Würde Abraham auf die Verheißung vertrauen, müsste er keine Angst um Sarah haben. 

24.Mai 1.Mose 19, 30 - 38

 Lot zog von Zoar hinauf und ließ sich mit seinen beiden Töchtern im Gebirge nieder. Er fürchtete sich nämlich, in Zoar zu bleiben. Er wohnte in einer Höhle, er und seine beiden Töchter. Eines Tages sagte die Ältere zur Jüngeren: Unser Vater wird alt und einen Mann, der mit uns verkehrt, wie es in aller Welt üblich ist, gibt es nicht. Komm, geben wir unserem Vater Wein zu trinken und legen wir uns zu ihm, damit wir durch unseren Vater Nachkommen erhalten. Sie gaben also ihrem Vater in jener Nacht Wein zu trinken; dann kam die Ältere und legte sich zu ihrem Vater. Er merkte nicht, wie sie sich hinlegte und wie sie aufstand. Am anderen Tag sagte die Ältere zur Jüngeren: Siehe, ich habe gestern bei meinem Vater gelegen. Geben wir ihm auch heute Nacht Wein zu trinken, dann komm und leg du dich zu ihm! So werden wir durch unseren Vater Nachkommen erhalten. Sie gaben ihrem Vater also auch in jener Nacht Wein zu trinken; dann machte sich die Jüngere auf und legte sich zu ihm. Er merkte nicht, wie sie sich hinlegte und wie sie aufstand. Beide Töchter Lots wurden von ihrem Vater schwanger. Die Ältere gebar einen Sohn und gab ihm den Namen Moab. Er gilt als Stammvater der Moabiter bis heute. Auch die Jüngere gebar einen Sohn und gab ihm den Namen Ben-Ammi. Er gilt als Stammvater der Ammoniter bis heute.

Hier gibt es gleich Mehreres zu bedenken. Einmal ist Lot wieder da, wo er ja nicht sein wollte: Auf dem Gebirge. Und das in ärmlichen Verhältnissen, in einer Höhle! Er muss die Konsequenzen seiner falschen Wahl tragen. Und dazu gehört ja auch, dass der Familie die Schwiegersöhne abhanden gekommen sind. Nur dadurch kommen seine Töchter auf die Idee, sich Nachwuchs bei ihrem Vater zu beschaffen. Auf falschen Wegen treffen uns Dinge, vor denen wir bewahrt worden wären. Gott wendet nicht einfach alles ab, wir müssen die Folgen von Fehlentscheidungen und Schuld tragen. Er hilft uns dabei, aber er wendet sie nicht einfach ab.
Doch hier ist auch noch zu bedenken: Die behauptete Herkunft von Moab und Amon ist Polemik. Sie entstand im langen Kampf der Völker gegeneinander. Für die Bewertung von Geschichten ist die Kenntnis der Hintergründe unerlässlich, sonst wird solche Polemik unhinterfragt übernommen. Und das dient dem Frieden zwischen den Völkern nicht und führt zur Abwertung und Diskriminierung  von Menschen. 

23. Mai 1.Mose 19, 23 - 29
Als die Sonne über dem Land aufgegangen und Lot in Zoar angekommen war, ließ der HERR auf Sodom und Gomorra Schwefel und Feuer regnen, vom HERRN, vom Himmel herab.
Er ließ ihre Städte einstürzen mitsamt ihrem ganzen Umkreis, auch alle Einwohner der Städte und alles, was auf den Feldern wuchs. Als sich aber seine Frau hinter ihm umblickte, wurde sie zu einer Salzsäule.
Am frühen Morgen begab sich Abraham an den Ort, an dem er dem HERRN gegenübergestanden hatte. Er schaute gegen Sodom und Gomorra und auf das ganze Gebiet im Umkreis. Er schaute hin und siehe: Qualm stieg von der Erde auf wie der Qualm aus einem Schmelzofen. Als Gott die Städte der Gegend vernichtete, gedachte Gott Abrahams und geleitete Lot mitten aus der Zerstörung heraus, während er die Städte, in denen Lot gewohnt hatte, einstürzen ließ.

Hier wird die Rettung Lots auf Abraham zurückgeführt. Lots Frau wird nicht gerettet, denn sie hat sich verbotenerweise umgesehen, also gezögert. Auch das ist eine Erzählung, die eine Besonderheit erklären will: Die Salzsäulen sind bizarre Gebilde am Toten Meer, in denen man Gestalten vermuten kann. Die Katastrophe selbst wird hier als Gerichtshandeln Gottes verstanden. Manche Christen sehen auch heutige Katastrophen wie zB. die Pandemie als ein solches Gericht. Aber das ist schon deshalb problematisch, weil es ja alle trifft, Gerechte und Ungerechte. Es gibt eine Parallele in Lukas 9, 54 – 55. Da möchten die Jünger, die in einem Dorf abgewiesen wurden, Feuer und Schwefel auf das Dorf herabregnen lassen. Doch Jesus weist sie zurecht: “Wisst ihr nicht, wes Geistes Kinder ihr seid?” Deshalb sollten wir mit solchen Geschichtsdeutungen sehr vorsichtig sein. Wir glauben an einen Gott der Liebe, der mit allen Menschen Mitleid hat und sie durch Jesus erlösen will. “Gott will, dass allen Menschen geholfen wird und sie zur Erkenntnis er Wahrheit kommen.” (1.Tim. 2,4).  Gibt es ein "zu spät"? 

22.Mai  1.Mose 19, 12 - 22
Die Männer sagten zu Lot: Wer gehört hier noch zu dir? Ein Schwiegersohn, Söhne, Töchter oder sonst jemand in der Stadt? Bring sie weg von diesem Ort! Wir wollen diesen Ort vernichten; denn groß ist das Klagegeschrei, das über sie zum HERRN gedrungen ist. Der HERR hat uns geschickt, die Stadt zu vernichten. Da ging Lot hinaus, redete auf seine Schwiegersöhne ein, die seine Töchter heiraten wollten, und sagte: Macht euch auf und verlasst diesen Ort; denn der HERR will die Stadt vernichten. Aber seine Schwiegersöhne meinten, er mache nur Spaß.
Als die Morgenröte aufstieg, drängten die Engel Lot zur Eile und sagten: Auf, nimm deine Frau und deine beiden Töchter, die hier sind, damit du nicht wegen der Schuld der Stadt hinweggerafft wirst! Da er noch zögerte, fassten die Männer seine Hand, die Hand seiner Frau und die Hand seiner beiden Töchter, weil der HERR mit ihm Mitleid hatte. Sie führten ihn hinaus und ließen ihn erst draußen vor der Stadt los. Während die Männer sie hinaus ins Freie führten, sagte der eine: Rette dich, es geht um dein Leben! Sieh dich nicht um und bleib im ganzen Umkreis nicht stehen! Rette dich ins Gebirge, sonst wirst du weggerafft! Lot aber sagte zu ihnen: Nicht doch, mein Herr! Siehe, dein Knecht hat Gnade in deinen Augen gefunden. Du hast mir große Gunst erwiesen und mir mein Leben bewahrt. Ich kann mich nicht ins Gebirge retten, ohne dass mich das Unheil vorher ereilt und ich sterben muss. Siehe doch, die Stadt in der Nähe, dorthin könnte man fliehen. Sie ist doch klein; dorthin kann ich mich retten. Ist sie nicht klein? So könnte ich am Leben bleiben.
Er antwortete ihm: Siehe, auch das will ich dir gewähren und die Stadt, von der du sprichst, nicht zum Einsturz bringen. Schnell, rette dich dorthin; denn ich kann nichts unternehmen, bevor du dort angekommen bist. Deshalb gab er der Stadt den Namen Zoar, die Kleine.
Diese Geschichte könnte die Erinnerung an eine Naturkatastrophe enthalten, die einst am Toten Meer ganze Städte vernichtet hat.  Lot glaubt den Boten, doch seine Schwiegersöhne kann er nicht überzeugen. Ist das nicht typisch? Angesichts drohender Katastrophen sind wir geneigt, sie einfach zu ignorieren. Vor allem, wenn es uns gut geht und wir wünschen, das alles so weitergehen möge. Weiter heißt es da:  Der Herr hatte Mitleid mit Lot.  Er  liebt ihn trotz seiner falschen Wahl. Wie oft sagen wir in unseren Beziehungen: "Das hast du nun davon" oder gar: "Das geschieht dir recht!"  Gott ist nicht so!  Der Schuss ist einerseits eine “Atiologie”, eine erklärende Erzählung, die sagen will, warum der Zufluchtsort Zoar, die Kleine heißt. Andererseits aber zeigt sie einen Gott, dessen Erbarmen so weit geht, dass er sich auf menschliche Vorschläge einlässt. Das bedeutet für mich: Ich kann mit Gott reden wie mit einem guten Freund!

21.Mai 1.Mose 19, 1 - 11
Die beiden Engel kamen am Abend nach Sodom. Lot saß im Stadttor von Sodom. Als er sie sah, erhob er sich, trat auf sie zu, warf sich mit dem Gesicht zur Erde nieder und sagte: Bitte, meine Herren, kehrt doch im Haus eures Knechtes ein, bleibt über Nacht und wascht euch die Füße! Am Morgen könnt ihr euren Weg fortsetzen. Nein, sagten sie, wir wollen auf dem Platz übernachten.
Er bedrängte sie so sehr, dass sie bei ihm einkehrten und in sein Haus kamen. Er bereitete ihnen ein Mahl, ließ ungesäuerte Brote backen und sie aßen. Sie waren noch nicht schlafen gegangen, da umstellten die Männer der Stadt das Haus, die Männer von Sodom, Jung und Alt, alles Volk von weit und breit.
Sie riefen nach Lot und fragten ihn: Wo sind die Männer, die heute Nacht zu dir gekommen sind? Bring sie zu uns heraus, wir wollen mit ihnen verkehren. Da ging Lot zu ihnen hinaus vor die Tür, schloss sie hinter sich zu und sagte: Meine Brüder, tut doch nicht das Böse!
Seht doch, ich habe zwei Töchter, die noch nicht mit einem Mann verkehrt haben. Ich will sie zu euch herausbringen. Dann tut mit ihnen, was euch gefällt. Nur diesen Männern tut nichts; denn deshalb sind sie ja unter den Schutz meines Daches getreten. Sie aber sagten: Geh weg! Und sie sagten: Kommt da so einer daher, ein Fremder, und will sich als Richter aufspielen! Nun wollen wir dir Böseres antun, noch mehr als ihnen. Sie setzten dem Mann, nämlich Lot, arg zu und waren schon dabei, die Tür aufzubrechen.
Da streckten jene Männer die Hand aus, zogen Lot zu sich ins Haus und sperrten die Tür zu.
Dann schlugen sie die Männer draußen vor dem Haus, Groß und Klein, mit Blindheit, sodass sie sich vergebens bemühten, den Eingang zu finden.

Was für eine finstere Geschichte – Sodom und Gomorra eben! Dabei geht es nicht um das Thema Homosexualität, sondern um den Bruch des Gastrechtes. Die Aussage, dass Lot unbedingt dazu steht, wird durch das uns unverständliche Angebot Lots noch verstärkt - will er wirklich seine Töchter opfern? Dazu kommt es nicht – aber nun wendet sich der Mob ihm zu und bedroht ihn. Wie unsicher ist seine Stellung in der Stadt, obwohl er hier Richter zu sein scheint, denn es sitzt im Tor, auf dem Richterstuhl. Das ist das Ergebnis seiner falschen Wahl, damals, als Abraham ihn entscheiden ließ. Doch ist dabei eines tröstlich: Gott steht trotzdem an seiner Seite und hilft ihm. Er könnte doch sagen: Nun trage die Konsequenzen deiner Wahl! Doch er schützt ihn vor dem Mob. Für uns heißt das: Ja, es gibt falsche Wege und falsche Entscheidungen. Aber das heißt nicht, dass ich aus Gottes Schutz herausfalle. Es gibt ein richtiges Leben im falschen! Es mag mühsamer und gefährlicher sein, aber es ist nicht gottlos.

20.Mai 1.Mose 18, 23 - 33
Abraham trat näher und sagte: Willst du auch den Gerechten mit den Ruchlosen wegraffen? Vielleicht gibt es fünfzig Gerechte in der Stadt: Willst du auch sie wegraffen und nicht doch dem Ort vergeben wegen der fünfzig Gerechten in ihrer Mitte? Fern sei es von dir, so etwas zu tun: den Gerechten zusammen mit dem Frevler töten. Dann ginge es ja dem Gerechten wie dem Frevler. Das sei fern von dir. Sollte der Richter der ganzen Erde nicht Recht üben? Da sprach der HERR: Wenn ich in Sodom fünfzig Gerechte in der Stadt finde, werde ich ihretwegen dem ganzen Ort vergeben. Abraham antwortete und sprach: Siehe, ich habe es unternommen, mit meinem Herrn zu reden, obwohl ich Staub und Asche bin. Vielleicht fehlen an den fünfzig Gerechten fünf. Wirst du wegen der fünf die ganze Stadt vernichten? Nein, sagte er, ich werde sie nicht vernichten, wenn ich dort fünfundvierzig finde. Er fuhr fort, zu ihm zu reden: Vielleicht finden sich dort nur vierzig. Da sprach er: Ich werde es der vierzig wegen nicht tun. Da sagte er: Mein Herr zürne nicht, wenn ich weiterrede. Vielleicht finden sich dort nur dreißig. Er entgegnete: Ich werde es nicht tun, wenn ich dort dreißig finde. Darauf sagte er: Siehe, ich habe es unternommen, mit meinem Herrn zu reden. Vielleicht finden sich dort nur zwanzig. Er antwortete: Ich werde sie nicht vernichten um der zwanzig willen. Und nochmals sagte er: Mein Herr zürne nicht, wenn ich nur noch einmal das Wort ergreife. Vielleicht finden sich dort nur zehn. Er sprach: Ich werde sie nicht vernichten um der zehn willen. Der HERR ging fort, als er aufgehört hatte, zu Abraham zu reden, und Abraham kehrte an seinen Ort zurück.

Was für ein Gottesbild! Da wird uns Gott vor Augen gestellt, der sich auf ein Feilschen einlässt, in dem Abraham wie ein orientalischer Teppichhändler agiert. Er findet dabei kluge Argumente: Sollte der Richter der ganzen Erde nicht Recht üben? Wie kann er da Gerechte töten? So können wir also mit Gott reden! Das heißt ja auch: Wir haben keinen Gott, der unabänderliche Pläne macht. Wir stehen wie Abraham in einer Beziehung zu ihm und das bedeutet, wir werden von Ihm mitbeteiligt. "Gott hat das Gebet angeordnet" sagt der französische Mathematiker Blaise Pascal, "um seinen Geschöpfen die Würde der Ursächlichkeit zu geben.“ Das soll heißen: Unsere Kommunikation mit Gott ist ein schöpferischer Akt. Nicht in der Weise, dass wir etwas befehlen könnten, aber so, dass unsere Bitte bisweilen erhört wird. Das Problem bleibt, dass wir nicht wissen, wann das der Fall ist! Ist mein Bitten wie bei Abraham ein inneres Gespräch mit Gott oder eine Einbahnstraße?

19.Mai  1.Mose 18, 16 - 19
 Die Männer erhoben sich von dort und schauten auf Sodom hinab. Abraham ging mit ihnen, um sie zu geleiten. Da sagte der HERR: Soll ich Abraham verheimlichen, was ich tun will? Abraham soll doch zu einem großen, mächtigen Volk werden, durch ihn sollen alle Völker der Erde Segen erlangen. Denn ich habe ihn dazu ausersehen, dass er seinen Söhnen und seinem Haus nach ihm gebietet, den Weg des HERRN einzuhalten und Gerechtigkeit und Recht zu üben, damit der HERR seine Zusagen an Abraham erfüllen kann.
Das Vernichtungsurteil über Sodom und Gomorra kündigt sich an. Ein kleines Detail dieses Textes lässt aufhorchen: Abraham hat die Verantwortung, seine Nachkommen auf den Weg Gottes zu verpflichten! Sie sollen „Recht und Gerechtigkeit“ üben – damit die Zusagen an Abraham sich auch erfüllen. Hier wird ausgedrückt, was später bei den Propheten immer wieder zur Sprache kommt: Ihr könnt euch nicht einfach darauf verlassen, Kinder Abrahams zu sein, ihr müsst auch im Sinne Gottes handeln, so wie Abraham gehandelt hat. „Gott kann dem Abraham aus diesen Steinen Kinder erwecken!“, ruft Johannes, der Täufer, seinen Zuhörern zu. „Wieso glaubt ihr, dass ihr Gottes Zorn entrinnt, nur weil ihr von Abraham abstammt?“ (Lk. 3,6) Das heißt: Gottes Zusage gilt nicht ohne entsprechende Mitwirkung des Menschen. Die Zuwendung Gottes zu mir bedeutet nicht, dass ich jetzt tun kann, was mir gerade einfällt, sondern, dass ich dazu befreit bin, in Recht und Gerechtigkeit zu leben. Welche konkreten Handlungen fallen mir ein, wenn ich diese beiden Stichworte höre?

18.Mai Himmelfahrt  Lukas 24, 50 - 53
Jesus führte die Jünger aus der Stadt hinaus bis in die Nähe von Betanien. Dort erhob er die Hände, um sie zu segnen. Und während er sie segnete, wurde er von ihnen weggenommen und zum Himmel emporgehoben. Die Jünger warfen sich nieder und beteten ihn an. Dann kehrten sie nach Jerusalem zurück, von großer Freude erfüllt.  Und sie waren von da an ständig im Tempel und priesen Gott.
Was auch immer dort in Bethanien geschehen ist:  Jesus ist nun aus unserer Welt herausgegangen und in die Welt Gottes gegangen. Damit ist er nicht fort  sondern ganz im Gegenteil uns nahe. Denn es gibt keinen Ort auf dieser Welt, an dem Gott nicht wäre. Seine Sphäre durchdringt unsere Wirklichkeit in jedem Moment. Der Auferstandene war einmal da und einmal nicht da - Jesus im Himmel ist präsent und uns zur Seite. "Ich bin bei euch jeden Tag bis ans Ende der Welt."  Wie und wann spürst du diese Gegenwart Jesu? Wie ist er für dich da? 



17.Mai  1.Mose 18, 9 - 15
Sie (Anm.: die drei Männer) fragten ihn: Wo ist deine Frau Sara? Dort im Zelt, sagte er.  Da sprach er: In einem Jahr komme ich wieder zu dir. Siehe, dann wird deine Frau Sara einen Sohn haben. Sara hörte am Eingang des Zeltes hinter seinem Rücken zu.
Abraham und Sara waren schon alt; sie waren hochbetagt. Sara erging es nicht mehr, wie es Frauen zu ergehen pflegt. Sara lachte daher still in sich hinein und dachte: Ich bin doch schon alt und verbraucht und soll noch Liebeslust erfahren? Auch ist mein Herr doch schon ein alter Mann!
Da sprach der HERR zu Abraham: Warum lacht Sara und sagt: Sollte ich wirklich noch gebären, obwohl ich so alt bin?
Ist denn beim HERRN etwas unmöglich? Nächstes Jahr um diese Zeit werde ich wieder zu dir kommen; dann wird Sara einen Sohn haben.
Sara leugnete: Ich habe nicht gelacht. Denn sie hatte Angst. Er aber sagte: Doch, du hast gelacht.

Wieder dieses Durcheinander: Drei oder einer? Im Mittelpunkt dieser Geschichte steht das Lachen! Zuerst lacht Sara. Das bleibt ihr im Halse stecken, denn es offenbart ihren Unglauben. Und es ist ja auch alles zum Kopfschütteln oder Lachen! Es sind oft unbedachte Reaktionen, die uns oder anderen deutlich machen, was wir wirklich denken. Das kann peinlich sein – aber es wäre besser, wir könnten mit ein wenig Humor dazu stehen, anstatt es zu verleugnen, wie Sara es hier tut. Welche Situationen fallen mir da ein? Gott überrascht Sara – sie wird schwanger und bekommt einen Sohn, dessen Namen Isaak ist. Das heißt: Gott lacht – oder auch: Gott bringt zum Lachen. Das ist ein anderes, fröhliches Lachen, eine Erleichterung und befreites Lachen über die Entdeckung neuen Lebens. Wo erlebe ich dieses befreite Lachen in meinem Leben?

16.Mai 1.Mose 18, 1 - 8
Der HERR erschien Abraham bei den Eichen von Mamre, während er bei der Hitze des Tages am Eingang des Zeltes saß. Er erhob seine Augen und schaute auf, siehe, da standen drei Männer vor ihm. Als er sie sah, lief er ihnen vom Eingang des Zeltes aus entgegen, warf sich zur Erde nieder
und sagte: Mein Herr, wenn ich Gnade in deinen Augen gefunden habe, geh doch nicht an deinem Knecht vorüber! Man wird etwas Wasser holen; dann könnt ihr euch die Füße waschen und euch unter dem Baum ausruhen. Ich will einen Bissen Brot holen, dann könnt ihr euer Herz stärken, danach mögt ihr weiterziehen; denn deshalb seid ihr doch bei eurem Knecht vorbeigekommen. Sie erwiderten: Tu, wie du gesagt hast!
Da lief Abraham eiligst ins Zelt zu Sara und rief: Schnell drei Sea feines Mehl! Knete es und backe Brotfladen! Er lief weiter zum Vieh, nahm ein zartes, prächtiges Kalb und übergab es dem Knecht, der es schnell zubereitete. Dann nahm Abraham Butter, Milch und das Kalb, das er hatte zubereiten lassen, und setzte es ihnen vor. Er selbst wartete ihnen unter dem Baum auf, während sie aßen.

Abraham ist wie von Sinnen. Sind es nun drei Männer oder nur einer? Er entwickelt hektische Betriebsamkeit. Es sind vielleicht wichtige Gäste, jedenfalls erleben wir die ganze Gastfreundschaft des Orients in dieser Schilderung. Ahnt Abraham, wer da zu Besuch ist? Das Ganze bleibt merkwürdig. Die christliche Tradition hat in den Dreien Gott in seiner Dreier-Gestalt, der Trinität, gesehen. Das ist natürlich in der jüdischen Auslegung nicht so. Jedenfalls: Gott kommt zu Besuch! Ich habe mich in den letzten Jahren immer wieder über die Gastfreundschaft orientalischer Menschen gewundert. Auch wenn sie kaum etwas haben – einem Gast etwa in einer Flüchtlingsunterkunft muss etwas angeboten werden, man bittet ihn herein, gibt ihm oder ihr, was man hat. Manchmal schäme ich mich: Wie oft habe ich fremde Menschen an der Türe abgefertigt! Und heißt es nicht, dass Manche ohne ihr Wissen Engel beherbergt haben? Wie aber gehen wir mit Fremden um?

15.Mai 1.Mose 17, 15 - 22
Weiter sprach Gott zu Abraham: Du sollst deine Frau nicht mehr Sarai nennen: Sara, Herrin, soll ihr Name sein. Ich will sie segnen und dir auch von ihr einen Sohn geben. Ich segne sie: Völker gehen von ihr aus; Könige von Völkern werden ihr entstammen. Da fiel Abraham auf sein Angesicht nieder und lachte. Er sprach in seinem Herzen: Können einem Hundertjährigen noch Kinder geboren werden und kann Sara als Neunzigjährige noch gebären? Dann sagte Abraham zu Gott: Wenn nur Ismael vor dir am Leben bleibt! Gott entgegnete: Nein, deine Frau Sara wird dir einen Sohn gebären und du sollst ihm den Namen Isaak geben. Ich werde meinen Bund mit ihm aufrichten als einen ewigen Bund für seine Nachkommen nach ihm.
Auch was Ismael angeht, erhöre ich dich: Siehe, ich segne ihn, ich mache ihn fruchtbar und mehre ihn über alle Maßen. Zwölf Fürsten wird er zeugen und ich mache ihn zu einem großen Volk.
Meinen Bund aber richte ich mit Isaak auf, den dir Sara im nächsten Jahr um diese Zeit gebären wird.
Als er aufgehört hatte, mit ihm zu reden, fuhr Gott zur Höhe empor.

Da wird nun Abraham etwas gesagt, das er nicht glauben kann. Immer noch denkt er, seine Nachkommen kämen von Ismael. Aber Gott hat Anderes vor. Abraham lacht! Doch auch Sara ist eine wichtige Rolle zugedacht, die ihr nicht genommen werden soll. Gott verwirft den “Nebenweg”, den sich die beiden ausgedacht haben. Zwar wird Ismael auch gesegnet, doch er wird nicht der Stammvater Israels werden. Wo habe ich es erlebt, dass Gott meine Pläne und Absichten durchkreuzt hat und dann andere Dinge geschahen, die sich als Segen erwiesen haben? Wo habe ich hartnäckig an meinen Vorstellungen festgehalten und musste erfahren, dass Gott Recht behalten hat? Tröstlich: Gott ist nicht beleidigt, weil Abraham über seine Pläne lacht. Er kennt unsere Gedanken, unsere Ängste und unseren engen Horizont.

14.Mai  1.Mose 17, 9 - 14
Und Gott sprach zu Abraham: Du aber sollst meinen Bund bewahren, du und deine Nachkommen nach dir, Generation um Generation. Dies ist mein Bund zwischen mir und euch und deinen Nachkommen nach dir, den ihr bewahren sollt: Alles, was männlich ist, muss bei euch beschnitten werden. Am Fleisch eurer Vorhaut müsst ihr euch beschneiden lassen. Das soll geschehen zum Zeichen des Bundes zwischen mir und euch. Alle männlichen Kinder bei euch müssen, sobald sie acht Tage alt sind, beschnitten werden in jeder eurer Generationen, seien sie im Haus geboren oder um Geld erworben von irgendeinem Fremden, der nicht von dir abstammt. Beschnitten werden muss der in deinem Haus Geborene und der um Geld Erworbene. So soll mein Bund, dessen Zeichen ihr an eurem Fleisch tragt, ein ewiger Bund sein. Ein Unbeschnittener, eine männliche Person, die am Fleisch ihrer Vorhaut nicht beschnitten ist, soll aus ihrem Stammesverband ausgemerzt werden. Er hat meinen Bund gebrochen.

Die ursprünglich vielleicht als Hygiene-Maßnahme im Orient durchgeführte Beschneidung wird hier zum Bundeszeichen. Was ist der Sinn eines solchen “Zeichens am Fleisch”? Es ist unauslöschlich und unwiderrufbar. Der Bund, der geschlossen wird, ist nicht mehr rückgängig zu machen. Weiter begründet wird dieser Ritus nicht. Er ist heute auch im Judentum nicht unumstritten. Die Christen hatten eine schwierige Diskussion, ob die Beschneidung auch für sie gilt (Apg.15, Apostelkonzil). Schließlich hat sich die Ansicht durchgesetzt, dass im “neuen Bund” Beschneidung für Nichtjuden nicht nötig ist. Besonders radikal war Paulus: “Denn in Christus Jesus vermag weder die Beschneidung noch die Unbeschnittenheit etwas, sondern der Glaube, der durch die Liebe wirkt.” So ist die Beschneidung zwar ein Zeichen für Juden, nicht aber für Christen. Man kann sich im Zusammenhang mit den modernen Diskussionen um Beschneidung fragen, wie wichtig Rituale sind und ob sie unabdingbar sind. Wie  wichtig sind mir Rituale und religiöse Regeln und was denke ich, was geschieht, wenn ich ein Ritual, das mir wichtig ist, einmal nicht praktiziere? 

13.Mai  1.Mose 17, 1 - 8
Als Abram neunundneunzig Jahre alt war, erschien der HERR dem Abram und sprach zu ihm: Ich bin El-Schaddai. Geh vor mir und sei untadelig! Ich will meinen Bund stiften zwischen mir und dir und ich werde dich über alle Maßen mehren.
Abram fiel nieder auf sein Angesicht.
Und Gott redete mit ihm und sprach: Ich bin es. Siehe, das ist mein Bund mit dir: Du wirst Stammvater einer Menge von Völkern.
Man wird dich nicht mehr Abram nennen. Abraham, Vater der Menge, wird dein Name sein; denn zum Stammvater einer Menge von Völkern habe ich dich bestimmt.
Ich mache dich über alle Maßen fruchtbar und lasse dich zu Völkern werden; Könige werden von dir abstammen. Ich richte meinen Bund auf zwischen mir und dir und mit deinen Nachkommen nach dir, Generation um Generation, einen ewigen Bund: Für dich und deine Nachkommen nach dir werde ich Gott sein. Dir und deinen Nachkommen nach dir gebe ich das Land, in dem du als Fremder weilst, das ganze Land Kanaan zum ewigen Besitz und ich werde für sie Gott sein.

Es ist schon eine merkwürdige Sache: Da gibt es immer noch keinen legitimen Erben und Abram soll nun “Vater vieler Völker” heißen. So hat er die Verheißung immer ihm Ohr. Er hört sie, wenn seine Frau ihn ruft oder wenn seine Bediensteten ihn so nennen. Das ist etwas Bemerkenswertes: Um Zusagen glauben zu können und sie im Alltag wirken zu lassen, müssen wir sie immer wieder hören. Israel macht es so mit seinem Gesetz und dem grundsätzlichen Glaubenssatz, dem Schema Jisrael, das in der Mesusa am Türpfosten jedes jüdischen Hauses befestigt ist. Wir brauchen diese tägliche Erinnerung, um im Getriebe vieler Informationen und Wörter die wichtigen Wörter nicht zu vergessen. Hier bei Abraham ist es die Verheißung des Volkes und Landes, die bis heute gilt. Welche Worte oder Verheißungen sind mir so wichtig, dass ich sie mir täglich vor Augen halten möchte?

12. Mai 1.Mose 16, 7 - 15
Der Engel des HERRN fand sie an einer Wasserquelle in der Wüste, an der Quelle auf dem Weg nach Schur. Er sprach: Hagar, Sklavin Sarais, woher kommst du und wohin gehst du? Sie sagte: Vor Sarai, meiner Herrin, bin ich davongelaufen.
Da sprach der Engel des HERRN zu ihr: Kehr zurück zu deiner Herrin und beuge dich unter ihre Hand!  Der Engel des HERRN sprach zu ihr: Mehren, ja mehren werde ich deine Nachkommen, sodass man sie wegen ihrer Menge nicht mehr zählen kann.
Weiter sprach der Engel des HERRN zu ihr: Siehe, du bist schwanger, du wirst einen Sohn gebären und du sollst ihm den Namen Ismael - Gott hört - geben, denn der HERR hat dich in deinem Leid gehört.
Er wird ein Mensch sein wie ein Wildesel. Seine Hand auf allen, die Hand aller auf ihm! Allen seinen Brüdern gegenüber wird er wohnen.
Da nannte sie den Namen des HERRN, der zu ihr gesprochen hatte: Du bist El-Roï - Gott schaut auf mich -. Denn sie sagte: Gewiss habe ich dem nachgeschaut, der auf mich schaut!
Deswegen nennt man den Brunnen Beer-Lahai-Roï - Brunnen des Lebendigen, der auf mich schaut -. Siehe, er liegt zwischen Kadesch und Bered.
Hagar gebar dem Abram einen Sohn. Und Abram gab seinem Sohn, den ihm Hagar geboren hatte, den Namen Ismael. Abram war sechsundachtzig Jahre alt, als Hagar Ismael für Abram gebar.

Zwei Dinge sind auffallend: Zum einen die Frage. Sie ermöglicht Hagar eine ehrliche Antwort und sie gibt diese Antwort: Ich bin davongelaufen. Zum anderen stellt der Engel fest: Du bist immer noch die Sklavin Sarais. Gott hat nicht vor, an ihrem Status etwas zu ändern: “Beuge dich unter ihre Hand!” Aber zugleich segnet er sie in dieser Stellung. Und er sagt ihr: Ich habe dich in deinem Leid gehört. Ich weiß, wie es dir geht und dass du es schwer hast unter deiner Herrin. Hagar weiß nun: Gott schaut auf mich, ich bin ihm wichtig. Das können wir mitnehmen für uns selbst: Du bist bei Gott angesehen, du bist ein angesehener Mensch! Auch wenn Schweres auf dich zukommt oder wenn du unter Menschen stöhnst, die dich unterdrücken und knechten – du bist ein angesehener Mensch. Gott sieht dich und segnet dich, gerade da, wo du bist und von wo du am liebsten davonlaufen möchtest.

11.Mai 1.Mose 16, 4 - 6
Abram ging zu Hagar und sie wurde schwanger. Als sie sah, dass sie schwanger war, galt ihre Herrin in ihren Augen nichts mehr. Da sagte Sarai zu Abram: Das Unrecht, das ich erfahre, komme über dich! Ich selbst habe meine Sklavin in deinen Schoß gegeben. Aber kaum sieht sie, dass sie schwanger ist, und schon gelte ich in ihren Augen nichts mehr. Der HERR richte zwischen mir und dir. Da sagte Abram zu Sarai: Siehe, sie ist deine Sklavin, sie ist in deiner Hand. Tu mit ihr, was in deinen Augen gut erscheint! Da misshandelte Sarai sie und Hagar lief ihr davon.

Das scheinbar schlaue und eigenmächtige Handeln Sarais und Abrams führt schnell zu einem Durcheinander. Die Sklavin Hagar ist stolz auf ihre Schwangerschaft und lässt sich von Sarai nichts mehr sagen. Statt aber diesen falschen Weg zuzugeben und nach einer einvernehmlichen Lösung zu suchen, klagt Sarai Abram an! Warum ist er auf ihre Idee eingegangen? Er ist schuld! Und Abram? Er liefert Hagar der Rache Sarais aus, anstatt als „Hausvorstand“ die Sache zu regeln. Sie schlägt Hagar und die Sklavin läuft davon. So entstehen Familienkatastrophen und Konflikte: Am Anfang steht eine Fehlentscheidung, aber niemand will das zugeben. Es wird ein Schuldiger gesucht und der oder die Schwächste im Spiel wird am Ende verprügelt - verbal oder ganz handgreiflich. Wie sähe die Lösung aus? Etwa so: „Wir haben das alle mitgemacht, wir alle sind schuldig und tragen nun gemeinsam die Folgen unseres Tuns.“  Wie verhalte ich mich in solchen Konflikten?

10.Mai 1.Mose 16, 1 - 3 
Sarai, Abrams Frau, hatte ihm nicht geboren. Sie hatte aber eine ägyptische Sklavin. Ihr Name war Hagar. Da sagte Sarai zu Abram: Siehe, der HERR hat mir das Gebären verwehrt. Geh zu meiner Sklavin! Vielleicht komme ich durch sie zu einem Sohn. Abram hörte auf die Stimme Sarais. Sarai, Abrams Frau, nahm also die Ägypterin Hagar, ihre Sklavin, zehn Jahre, nachdem sich Abram im Land Kanaan niedergelassen hatte, und gab sie Abram, ihrem Mann, zur Frau.
Sarah sagt: "Der Herr hat mir das Gebären verwehrt!" Gott ist schuld! In ihrer Not sucht sie einen Ausweg. Menschlich ist dieser Ausweg verständlich – und kulturell damals akzeptabel. Der Sohn, der durch die Sklavin auf dem Schoss der Ehefrau geboren wird, gilt als legitimer Erbe. Abram hört auf seine Frau und willigt ein. Auch er ist müde geworden, auf einen Sohn von Sarai zu warten. Was menschlich so verständlich ist, wird später zu einem großen Problem. Das kennen wir ja auch: Wir haben Zusagen Gottes, dass er uns versorgen wird und kennen das „Sorget nicht“ der Bergpredigt. Und dann handeln wir trotzdem in Ungeduld, so als gäbe es Gott und seine Zusagen nicht. Es ist schwer, die Spannung des Wartens auszuhalten. Aber andererseits tragen wir die Folgen vorschnellen Handelns. In welchen Bereichen meines Lebens treiben mich Sorge und/oder Verlangen zu Dingen, die mir Gott nicht oder noch nicht gegeben hat?

9.Mai 1.Mose 15, 7 - 18a
Er sprach zu ihm: Ich bin der HERR, der dich aus Ur in Chaldäa herausgeführt hat, um dir dieses Land zu eigen zu geben. Da sagte Abram: Herr und GOTT, woran soll ich erkennen, dass ich es zu eigen bekomme? Der HERR antwortete ihm: Hol mir ein dreijähriges Rind, eine dreijährige Ziege, einen dreijährigen Widder, eine Turteltaube und eine junge Taube! Abram brachte ihm alle diese Tiere, schnitt sie in der Mitte durch und legte je einen Teil dem andern gegenüber; die Vögel aber zerschnitt er nicht. Da stießen Raubvögel auf die toten Tiere herab, doch Abram verscheuchte sie.
Bei Sonnenuntergang fiel auf Abram ein tiefer Schlaf. Und siehe, Angst und großes Dunkel fielen auf ihn. Er sprach zu Abram: "Du sollst wissen: Deine Nachkommen werden als Fremde in einem Land wohnen, das ihnen nicht gehört. Sie werden dort als Sklaven dienen und man wird sie vierhundert Jahre lang unterdrücken. Aber auch über das Volk, dem sie als Sklaven dienen, werde ich Gericht halten und nachher werden sie mit reicher Habe ausziehen. Du aber wirst in Frieden zu deinen Vätern heimgehen; im glücklichen Alter wirst du begraben werden.
Erst die vierte Generation wird hierher zurückkehren; denn noch hat die Schuld der Amoriter nicht ihr volles Maß erreicht."
Die Sonne war untergegangen und es war dunkel geworden. Und siehe, ein rauchender Ofen und eine lodernde Fackel waren da; sie fuhren zwischen jenen Fleischstücken hindurch.
An diesem Tag schloss der HERR mit Abram folgenden Bund: Deinen Nachkommen gebe ich dieses Land vom Strom Ägyptens bis zum großen Strom, dem Eufrat-Strom,

Das archaische Opferritual mag uns seltsam vorkommen. Aber es enthält etwas sehr Wesentliches: Es ist das Ritual eines Bundesschlusses, das bedeutet: Wenn der Bund gebrochen wird, so soll es mir gehen wie diesen Tieren! Dass Abram hier Raubvögel verscheuchen muss, mag ein Hinweis auf die Gefährdung des Bundes sein. Aber wichtiger ist: Dieser Gott schließt einen Bund mit einem Menschen! Das ist unerhört, denn Götter werden in Tempeln und vor Altären angebetet, man bringt ihnen Opfer, um sie zu besänftigen und möglichst von ihnen in Ruhe gelassen zu werden. Aber ein Gott, der sich mit Menschen verbündet, der ihnen gegenüber Verpflichtungen eingeht? Das ist revolutionär! Hier deutet sich an, was viel später bei Jesus zentral wird: Gott ist der Gott für uns und mit uns, nicht der ferne dunkle Gott, dem man Opfer bringen muss. Und auch im Judentum gab es immer den Gegensatz zwischen dem Opferkult und dem nahen, liebenden und barmherzigen Gott, der Menschen segnet und mit ihnen geht. Gott hat sich mit mir verbündet und hält zu mir, wie er Abram begleitet hat – was bedeutet das für mich? 

8.Mai 1.Mose 15, 1 - 6
Nach diesen Ereignissen erging das Wort des HERRN in einer Vision an Abram: Fürchte dich nicht, Abram, ich selbst bin dir ein Schild; dein Lohn wird sehr groß sein. Abram antwortete: Herr und GOTT, was kannst du mir geben? Ich gehe kinderlos dahin und Erbe meines Hauses ist Eliëser aus Damaskus. Und Abram sagte: Siehe, du hast mir keine Nachkommen gegeben; so wird mich mein Haussklave beerben. Aber siehe, das Wort des HERRN erging an ihn: Nicht er wird dich beerben, sondern dein leiblicher Sohn wird dein Erbe sein. Er führte ihn hinaus und sprach: Sieh doch zum Himmel hinauf und zähl die Sterne, wenn du sie zählen kannst! Und er sprach zu ihm: So zahlreich werden deine Nachkommen sein. Und er glaubte dem HERRN und das rechnete er ihm als Gerechtigkeit an.
Das ist mal ein Satz: „Herr und Gott, was kannst du mir geben?“ So dürfen wir mit unserem Gott reden! Da klingt die Verzweiflung langer Jahre an. Wie oft werden Abram und Sara gehofft und gebangt haben – und dann: Wieder nichts! Wieder ist Sara nicht schwanger. Irgendwann haben sie es aufgegeben. Der Haussklave und Verwalter wird der Erbe werden. „Nein“, sagt Gott, „so wird es nicht sein!“ Abram steht unter dem Sternenhimmel und Gott spricht in seine Gedanken hinein: So zahlreich werden deine Nachkommen sein! Es ist eine typische Redeweise Gottes, etwas, was wir sehen, als Gleichnis zu verwenden. Du solltest darauf achten, wenn du in der Natur unterwegs bist und die Gegenwart Gottes suchst. Dann kann es geschehen, dass etwas zum Gleichnis wird – ein Baum, eine Quelle, eine Blumenwiese, oder eben der Sternenhimmel. Das Erleben des Betrachteten führt dazu, dass es plötzlich transparent, durchscheinend  wird für die Gegenwart Gottes. Es unterstreicht dann die Zusage, so dass wir wie Abram plötzlich glauben können, was uns zugesagt wird. Hast du das schon einmal erlebt?

7.Mai 1.Mose 14, 17 - 24
Als er nach dem Sieg über Kedor-Laomer und die mit ihm verbündeten Könige zurückkam, zog ihm der König von Sodom ins Schawetal entgegen, das jetzt Tal des Königs heißt. Melchisedek, der König von Salem, brachte Brot und Wein heraus. Er war Priester des Höchsten Gottes. Er segnete Abram und sagte: Gesegnet sei Abram vom Höchsten Gott, dem Schöpfer des Himmels und der Erde, und gepriesen sei der Höchste Gott, der deine Feinde an dich ausgeliefert hat. Darauf gab ihm Abram den Zehnten von allem. Der König von Sodom sagte zu Abram: Gib mir die Leute zurück, die Habe aber nimm für dich! Abram entgegnete dem König von Sodom: Ich erhebe meine Hand zum HERRN, dem Höchsten Gott, dem Schöpfer des Himmels und der Erde: Keinen Faden und keinen Schuhriemen, nichts von allem, was dir gehört, werde ich nehmen. Du sollst nicht behaupten können: Ich habe Abram reich gemacht. Nur was meine Leute verzehrt haben und was auf die Männer entfällt, die mit mir gezogen sind, auf Aner, Eschkol und Mamre, das sollen sie als ihren Anteil behalten.

Mehrer Kleinkönige hatten sich verbündet und Sodom und Gomorra überfallen. Dabei geriet auch Lot in Gefangenschaft. Abram und seien Verbündeten jagten ihnen nach, befreiten Lot und nahmen ihnen die Beute wieder ab. Danach kommt es zu dieser seltsamen Begegnung mit Melchisedek, dem Priester des höchsten Gottes aus Jerusalem. Sein Name könnte „König der Gerechtigkeit“ bedeuten. Abram ordnet sich ihm unter, indem er ihm den Zehnten gibt. Wir wissen wenig über diesen König und seine Bedeutung. Aber eines wird deutlich gesagt: Der eben von Gott gesegnete Abram unterstellt sich diesem König. Hätte es nicht umgekehrt sein müssen? Abram hat die Demut, die Stellung dieses Priesterkönigs zu akzeptieren. Er hält sich nicht selbst für groß und bedeutend, trotz seines Sieges. Kann ich andere über mir akzeptieren, die mehr Weisheit und mehr Autorität als ich haben? Übrigens ist der Hinweis auf Brot und Wein oft als ein früher Hinweis auf das Abendmahl gesehen worden und Melchisedek als ein Priester einer „anderen Ordnung“ als die Priester am Tempel.

6.Mai 1.Mose 13, 14 - 18
Nachdem sich Lot von Abram getrennt hatte, sprach der HERR zu Abram: Erheb deine Augen und schau von der Stelle, an der du stehst, nach Norden und Süden, nach Osten und Westen! Das ganze Land nämlich, das du siehst, will ich dir und deinen Nachkommen für immer geben. Ich mache deine Nachkommen zahlreich wie den Staub auf der Erde. Nur wer den Staub auf der Erde zählen kann, wird auch deine Nachkommen zählen können. Mach dich auf, durchzieh das Land in seiner Länge und Breite; denn dir werde ich es geben. Da zog Abram mit seinen Zelten weiter und ließ sich bei den Eichen von Mamre in Hebron nieder. Dort baute er dem HERRN einen Altar.
Nachdem…das ist ein wichtiger Hinweis: Nachdem Abram Lot das Land überlassen hatte, das besser war, für das er aber keine Verheißung hatte, erhält er diese Zusage. Ob es für ihn eine Versuchung war, dieses paradiesische Land zu behalten und Lot auf die unfruchtbareren Berge zu schicken? Nun sitzt er selbst im Bergland – und erhält diese Verheißung, die weit über seinen Horizont hinaus geht. Wir beurteilen Situationen oft gemäß unserer eingeschränkten Sichtweise und können dann nicht anders urteilen als nach unseren logischen Gesichtspunkten. Wir können nicht das sehen, was hinter unserem Horizont liegt – Gott aber schon. Wenn Gott dich in eine bestimmte Situation oder auf eine besondere Stelle gesetzt hat, dann schaue nicht nach Situationen oder Stellen, die vielleicht noch besser sind. Der Segen Gottes gilt für Deine Stelle oder Situation. Hast du Gottes Zusage für die Stelle oder Lebenssituation, in der du gerade bist? Dann bleibe und „baue einen Altar"! Widme dieses Leben Gott. 

5.Mai 1.Mose 13, 1 - 13
Abram zog von Ägypten in den Negeb hinauf, er und seine Frau mit allem, was ihm gehörte, und mit ihm auch Lot. Abram hatte einen sehr ansehnlichen Besitz an Vieh, Silber und Gold.
Er ging von einem Lagerplatz zum anderen weiter, vom Negeb bis nach Bet-El, bis zu der Stätte, an der anfangs sein Zelt gestanden hatte, zwischen Bet-El und Ai, der Stätte, an der er früher den Altar errichtet hatte. Dort rief Abram den Namen des HERRN an.
Auch Lot, der mit Abram ging, besaß Schafe und Ziegen, Rinder und Zelte. Das Land reichte nicht hin, dass sich beide nebeneinander darin hätten ansiedeln können; denn ihr Besitz war zu groß und so konnten sie sich nicht miteinander niederlassen. So entstand Streit zwischen den Hirten der Herde Abrams und den Hirten der Herde Lots; auch siedelten damals noch die Kanaaniter und die Perisiter im Land. Da sagte Abram zu Lot: Zwischen mir und dir, zwischen meinen und deinen Hirten soll es keinen Streit geben; wir sind doch Brüder. Liegt nicht das ganze Land vor dir? Trenn dich also von mir! Wenn du nach links willst, gehe ich nach rechts; wenn du nach rechts willst, gehe ich nach links.
Lot erhob seine Augen und sah, dass die ganze Jordangegend überall bewässert war. Bevor der HERR Sodom und Gomorra vernichtete, war sie bis Zoar hin wie der Garten des HERRN, wie das Land Ägypten. Da wählte sich Lot die ganze Jordangegend aus. Lot brach nach Osten auf und sie trennten sich voneinander. Abram ließ sich im Land Kanaan nieder, während Lot sich in den Städten jener Gegend niederließ und seine Zelte bis Sodom hin aufschlug.
Die Männer von Sodom aber waren sehr böse und sündigten vor dem HERRN.
Streit zwischen Verwandten ist eine ärgerliche Sache – man ist sich nahe und muss doch sinnvolle Regelungen treffen. Das gelingt nicht immer - gerade, weil man sich nahe ist und weil Macht im Spiel ist. Noch heute gibt es im Orient klare Hierarchien: Nach ihnen ist völlig klar, dass Abram die erste Wahl zusteht, er ist der “Bestimmer”. Doch er handelt hier anders und lässt Lot die Wahl. Prompt entscheidet sein Neffe sich für das bessere Land, das paradiesische Jordantal. Abram bleibt Kanaan, das Land auf den Höhen, das sehr viel karger ist. Der Hinweis am Schluss lässt schon ahnen: Das war nicht die beste Wahl, denn dieses Land wird untergehen. Am Ende ist Abram der Klügere, auch wenn es zunächst nicht so aussieht. Wie viele Auseinandersetzungen in Familien über Land und Häuser und Erbteile wären unnötig, wenn die Menschen diese Klugheit und Großzügigkeit Abrams hätten. Denn er weiß: Gott wird mich segnen und dieser Segen gilt meinem Land und nicht dem Land, das Lot gewählt hat. So kann man sagen: Lass dir an dem genügen, was Gott dir gegeben hat und schiele nicht nach Erbteilen, um die es Streit gibt. Großzügigkeit lässt das Leben aufblühen, Neid erstickt es.

4.Mai 1.Mose 12, 10 - 20
Es kam aber eine Hungersnot über das Land. Da zog Abram nach Ägypten hinab, um sich dort als Fremder niederzulassen; denn die Hungersnot lastete schwer auf dem Land. Als er sich Ägypten näherte, sagte er zu seiner Frau Sarai: Ich weiß, du bist eine Frau von großer Schönheit. Wenn dich die Ägypter sehen, werden sie sagen: Das ist seine Frau! Und sie werden mich töten, dich aber am Leben lassen. Sag doch, du seist meine Schwester, damit es mir deinetwegen gut geht und ich um deinetwillen am Leben bleibe. Als Abram nach Ägypten kam, sahen die Ägypter, dass die Frau überaus schön war. Die Beamten des Pharao sahen sie und rühmten sie vor dem Pharao. Da wurde die Frau in das Haus des Pharao genommen. Er behandelte Abram ihretwegen gut: Er bekam Schafe und Ziegen, Rinder und Esel, Knechte und Mägde, Eselinnen und Kamele. Doch der HERR schlug den Pharao und sein Haus wegen Sarai, der Frau Abrams, mit schweren Plagen. Da rief der Pharao Abram und sagte: Was hast du mir da angetan? Warum hast du mir nicht kundgetan, dass sie deine Frau ist? Warum hast du behauptet: Sie ist meine Schwester, sodass ich sie mir zur Frau nahm? Jetzt aber, siehe, da hast du deine Frau wieder, nimm sie und geh! Dann befahl der Pharao seinetwegen Männern, ihn, seine Frau und alles, was ihm gehörte, fortzuschaffen.

Hunger tut weh und Abram ist für seine Leute verantwortlich. Trotzdem: Ägypten ist nicht das verheißene Land. Und sofort gerät Abram in Schwierigkeiten. Seine Sorge um Sarai ist berechtigt. Darum greift er zu einer Halbwahrheit und gibt Sarai als seine Schwester aus. Nach 1.Mose 20, 12 ist sie seine Halbschwester. Aber eine halbe Wahrheit ist eine ganze Lüge. Und so landet sie im Haus des Pharao. Von Abrams Protest steht hier nichts! Er erhält eine Menge Besitztümer für sie – und da steht auch nicht, dass er sie abgelehnt hätte. Ehe wir uns entrüstet abwenden: Wie oft geht es uns selbst so? Wir haben die Unwahrheit gesagt, einen falschen Handel abgeschlossen, jemanden betrogen – und nun werden die Folgen offenbar. Und was sagen wir dann? “Augen zu und durch!” Aber das lässt Gott hier nicht zu. Schonungslos wird die Lüge aufgedeckt. Kann man daraus etwas lernen? Erstens: Hat Gott dir wirklich gesagt, dass dieser Weg auch sein Weg für dich ist? Zweitens: Gehe, wenn du ihn gehst, keine faulen Kompromisse ein, die dich zu Lügen nötigen. “Notwendige” Lügen sind oft mangelndes Gottvertrauen.

3.Mai 1.Mose 12, 6 - 9
Abram zog durch das Land bis zur Stätte von Sichem, bis zur Orakeleiche. Die Kanaaniter waren damals im Land. Der HERR erschien Abram und sprach: Deinen Nachkommen gebe ich dieses Land. Dort baute er dem HERRN, der ihm erschienen war, einen Altar. Von da brach er auf zu dem Gebirge östlich von Bet-El und schlug sein Zelt so auf, dass er Bet-El im Westen und Ai im Osten hatte. Dort baute er dem HERRN einen Altar und rief den Namen des HERRN an. Dann zog Abram immer weiter, dem Negeb zu.

Was ist bemerkenswert an diesen Versen? Nun, zweimal heißt es: Er baute einen Altar. Der Hinweis “Orakeleiche” verrät es: Bei den Kanaanitern gab es andere religiöse Angebote. Abram lässt sich nicht auf sie ein. Er meidet die Tempel und Opferstätten und baut schlichte Altäre aus Feldsteinen. Hier beginnt jene Auseinandersetzung, die in der Geschichte Israels so oft berichtet wird: Unser Gott oder ein anderer Gott? Doch Abram hat Gott gehört und ihm vertraut. Ein Gott, der redet und der mitgeht auf seinem Weg, kein Gott, der mit Opfern gnädig gestimmt werden muss. Welches Bild von Gott habe ich? Halte ich daran fest, auch wenn es andere religiöse Angebote gibt? Oder finde ich andere Vorstellungen doch attraktiver? Christen haben ihr Gottesbild von Jesus Christus!

2.Mai  1.Mose 12, 1 - 5
Der HERR sprach zu Abram: Geh fort aus deinem Land, aus deiner Verwandtschaft und aus deinem Vaterhaus in das Land, das ich dir zeigen werde! Ich werde dich zu einem großen Volk machen, dich segnen und deinen Namen groß machen. Ein Segen sollst du sein.
Ich werde segnen, die dich segnen; wer dich verwünscht, den werde ich verfluchen. Durch dich sollen alle Sippen der Erde Segen erlangen. Da ging Abram, wie der HERR ihm gesagt hatte, und mit ihm ging auch Lot. Abram war fünfundsiebzig Jahre alt, als er von Haran auszog.
Abram nahm seine Frau Sarai mit, seinen Neffen Lot und alle ihre Habe, die sie erworben hatten, und alle, die sie in Haran hinzugewonnen hatten. Sie zogen aus, um in das Land Kanaan zu gehen, und sie kamen in das Land Kanaan.

Es ist eine große Herausforderung für Abram, diese drei Dinge zu verlassen: Land, Verwandtschaft und Vaterhaus. Es klingt wie eine Steigerung – es wird immer schwieriger. Doch diese Herausforderung ist mit einer großen Verheißung verbunden. Beides gehört zusammen. Fünfmal kommt das Wort Segen oder segnen vor – Wenn Abram der Stimme Gottes gehorcht, wird das eine Kette von Segnungen auslösen. Woher gewinnt Abram dieses Vertrauen, zu gehorchen und zu gehen? Mehr als irgendwo anders wird hier deutlich, dass Vertrauen ein unverfügbares Geschenk ist, das dem Menschen sozusagen “zufliegt”. Vertrauen kann ich mir nicht einreden, mich nicht selbst überzeugen. Immer wieder schildert die Bibel Menschen, die einfach “gingen” und ihre Mitmenschen kopfschüttelnd zurückließen. Kenne ich selbst solche Erfahrungen, wo ich gegen alle Vernunft nur der inneren Stimme gehorchend gegangen bin?

1.Mai  1.Mose 11, 29 - 32
Abram und Nahor nahmen sich Frauen. Der Name von Abrams Frau war Sarai. Der Name von Nahors Frau war Milka, die Tochter Harans, des Vaters der Milka und des Vaters der Jiska.
Sarai war unfruchtbar, sie hatte kein Kind.
Terach nahm seinen Sohn Abram, seinen Enkel Lot, den Sohn Harans, und seine Schwiegertochter Sarai, die Frau seines Sohnes Abram, und sie zogen miteinander aus Ur in Chaldäa aus, um in das Land Kanaan zu gehen. Als sie aber nach Haran kamen, siedelten sie sich dort an.
Die Lebenszeit Terachs betrug zweihundertfünf Jahre, dann starb Terach in Haran.
So beginnen die Abrahamsgeschichten. Noch heißt die Hauptperson Abram (=erhabener Vater). Die Sippe Abrams hatte vor, nach Kanaan zu gehen – warum sie in Haran im Norden Syriens geblieben sind, ist nicht überliefert. Wahrscheinlich war der Weg beschwerlich und die Gegend um Haran einfach zu verlockend. Ob Abrams Vater Terach schon eine Verheißung für Kanaan hatte wie später sein Sohn? Wir wissen es nicht. Aber man kann sich überlegen, was einen von ursprünglichen Zielen abhält. Es kann Bequemlichkeit sein, oder Angst oder die Verlockung besserer Aussichten. Das von Gott gesetzte Ziel der Familie sollte offenbar Kanaan sein. Durch ihre Siedelung in Haran kommt Einiges durcheinander, die Familie wird später zerrissen. Kenne ich das in meinem Leben, dass ich einen inneren Eindruck hatte oder ein festes Vorhaben für die Zukunft und dass ich dann doch ganz anders gehandelt habe? War der Weg danach gut oder schlecht?

30. April 1.Mose 4, 12 - 16 
Wenn du den Erdboden bearbeitest, wird er dir keinen Ertrag mehr bringen. Rastlos und ruhelos wirst du auf der Erde sein. Kain antwortete dem HERRN: Zu groß ist meine Schuld, als dass ich sie tragen könnte. Siehe, du hast mich heute vom Erdboden vertrieben und ich muss mich vor deinem Angesicht verbergen; rastlos und ruhelos werde ich auf der Erde sein und jeder, der mich findet, wird mich töten. Der HERR aber sprach zu ihm: Darum soll jeder, der Kain tötet, siebenfacher Rache verfallen. Darauf machte der HERR dem Kain ein Zeichen, damit ihn keiner erschlage, der ihn finde. So zog Kain fort, weg vom HERRN und ließ sich im Land Nod nieder, östlich von Eden.
Erst als Gott den Fluch über Kain ausspricht – den er selbst durch den Mord erzeugt hat – bricht dieser zusammen und bekennt seine Schuld. Zum Fluch des Menschen gehört die Rastlosigkeit. Augustin sagt: „Ruhelos ist unser Herz, bis es ruht in dir.“ Nur ist dieser Zugang zu Gott nun versperrt. Konnte er vorher noch mit Gott von Angesicht zu Angesicht reden, so muss er sich nun vor ihm verbergen und zieht von Gott fort. Kain ist der von Gott getrennte Mensch. Wir Christen glauben, dass in Jesus Christus dieser natürliche Zugang wieder offen ist. Doch schon bei Kain gibt es ein Zeichen der Barmherzigkeit Gottes: Er erhält ein Schutzzeichen, das die Blutrache verbietet. So schafft Gott eine Notordung, unter der die Menschen dennoch leben können. Kain trägt die Folgen seiner Tat, aber er wird von Gott dennoch geschützt. Die Barmherzigkeit Gottes bedeutet, dass auch der Schuldige nicht fallen gelassen wird. Bin ich barmherzig?

29. April 1. Mose 4, 8 - 11
Da redete Kain mit Abel, seinem Bruder. Als sie auf dem Feld waren, erhob sich Kain gegen Abel, seinen Bruder, und tötete ihn. Da sprach der HERR zu Kain: Wo ist Abel, dein Bruder? Er entgegnete: Ich weiß es nicht. Bin ich der Hüter meines Bruders? Der HERR sprach: Was hast du getan? Das Blut deines Bruders erhebt seine Stimme und schreit zu mir vom Erdboden. So bist du jetzt verflucht, verbannt vom Erdboden, der seinen Mund aufgesperrt hat, um aus deiner Hand das Blut deines Bruders aufzunehmen.

Da redete Kain mit Abel! Vielleicht so: „Komm mit mir, ich will dir da draußen etwas zeigen?“ Das ist kein Totschlag im Affekt, es ist eine von steigendem Hass genährte bewusste Tat. Die Antwort Gott gegenüber zeigt den in Sünde verstrickten Menschen, für den es jetzt kein Zurück mehr gibt. Leugnen, verharmlosen, sich unwissend stellen – das sind alles bekannte Verhaltensweisen, wenn wir Böses getan haben. „Bin ich der Hüter…?“ – das ist die Ablehnung der Verantwortung für die eigene Tat. Wir werden heute hoffentlich keinen Mitmenschen erschlagen, aber es gibt genügend schlechte Taten, für die wir keine Verantwortung übernehmen. „Bin ich der Hüter?“ ist die Frage, die für viele Bereiche gilt. Ja, ich bin der Hüter des Lebens, dazu hat Gott den Menschen eingesetzt. Welche Verantwortung gegenüber dem Leben habe ich heute?

28. April 1.Mose 4, 1 - 7
Der Mensch erkannte Eva, seine Frau; sie wurde schwanger und gebar Kain. Da sagte sie: Ich habe einen Mann vom HERRN erworben. Sie gebar ein zweites Mal, nämlich Abel, seinen Bruder. Abel wurde Schafhirt und Kain Ackerbauer. Nach einiger Zeit brachte Kain dem HERRN eine Gabe von den Früchten des Erdbodens dar; auch Abel brachte eine dar von den Erstlingen seiner Herde und von ihrem Fett. Der HERR schaute auf Abel und seine Gabe, aber auf Kain und seine Gabe schaute er nicht. Da überlief es Kain ganz heiß und sein Blick senkte sich. Der HERR sprach zu Kain: Warum überläuft es dich heiß und warum senkt sich dein Blick? Ist es nicht so: Wenn du gut handelst, darfst du aufblicken; wenn du nicht gut handelst, lauert an der Tür die Sünde. Sie hat Verlangen nach dir, doch du sollst über sie herrschen.

John Steinbeck hat in seinem Roman „Jenseits von Eden“ das letzte Wort dieses Textes ins Zentrum gestellt. „Timschal“, dieses Wort steckt hinter dem Begriff „herrschen“. Du kannst, du sollst über die Sünde herrschen? Nein, du wirst über sie herrschen! Darin steckt eine Verheißung und für Christen zielt sie auf das neue Leben in Christus: Du hast eine Wahl und du kannst diese Wahl frei treffen. Du bist deinen Neigungen, Trieben und deinen Hassgefühlen nicht wehrlos ausgeliefert. Kain hat eine Wahl. Wir wissen nicht, warum Abels Opfer akzeptabler war als das Kains – waren die Feldfrüchte nicht kostbar genug? Musste es etwas Lebendiges sein? Neid und Konkurrenz unter Geschwistern, davon handelt Steinbecks Roman. Wie oft gibt es das in Familien, dass ein Kind dem anderen vorgezogen wird! Da ist eines lieber, folgsamer oder erfolgreicher als das andere. Der „Querkopf“ bleibt ungeliebt und aus Zurücksetzung entsteht Hass. Doch Gott ist dem einen Bruder so nahe wie dem anderen. Er kennt unsere dunklen Gefühle und spricht uns darauf an: „Habe acht darauf, was sich in dir tut! Du kannst über dein Gefühl herrschen! Ja, du wirst eines Tages dieses Gefühl in den Griff bekommen. Timschal.

27. April 1.Mose 3, 21 - 24
Gott, der HERR, machte dem Menschen und seiner Frau Gewänder von Fell und bekleidete sie damit. Dann sprach Gott, der HERR: Siehe, der Mensch ist wie einer von uns geworden, dass er Gut und Böse erkennt. Aber jetzt soll er nicht seine Hand ausstrecken, um auch noch vom Baum des Lebens zu nehmen, davon zu essen und ewig zu leben. Da schickte Gott, der HERR, ihn aus dem Garten Eden weg, damit er den Erdboden bearbeite, von dem er genommen war. Er vertrieb den Menschen und ließ östlich vom Garten Eden die Kerubim wohnen und das lodernde Flammenschwert, damit sie den Weg zum Baum des Lebens bewachten.
Jenseits von Eden! Dort muss der Mensch nun leben, getrennt von Gott und seinem Schicksal überlassen. Doch nicht ganz: Gott sorgt auch dort für ihn – hier ausgedrückt in dem Symbol der Kleider, für die er ja ein Tier opfern musste. Gott muss den Menschen vom Garten Eden fernhalten, denn nun ist der Wunsch geweckt, wie Gott zu werden. „Wenn es Gott gäbe, was gäbe ich darum, ein Gott zu sein“, hat Nitzsche gesagt. All unser Zwiespalt, unser Wissen um Gut und Böse und zugleich die Unfähigkeit, das Gute zu tun, sind Folge dieser Ursünde: Wir wollen mehr sein als uns zusteht. Es gibt Ausleger dieser Geschichte, die sie quasi umdrehen und sagen: Dies ist die notwendige Befreiung des Menschen aus seiner paradiesischen Unmündigkeit. Die Geschichte selbst aber will sagen: Der Mensch hat einen falschen Weg zur Mündigkeit gewählt. Er ist nun mündig, aber zerrissen. Er ist in die Dualität von Gut und Böse, von Schwarz und Weiß geworfen und kann nicht mehr entkommen. Etwas jenseits von Gut und Böse können wir uns nicht mehr vorstellen. Darum brauchen wir Erlösung!

26. April  1.Mose 3, 16 - 20
Zur Frau sprach er: Viel Mühsal bereite ich dir und häufig wirst du schwanger werden. Unter Schmerzen gebierst du Kinder. Nach deinem Mann hast du Verlangen und er wird über dich herrschen. Zum Menschen sprach er: Weil du auf die Stimme deiner Frau gehört und von dem Baum gegessen hast, von dem ich dir geboten hatte, davon nicht zu essen, ist der Erdboden deinetwegen verflucht. Unter Mühsal wirst du von ihm essen alle Tage deines Lebens. Dornen und Disteln lässt er dir wachsen und die Pflanzen des Feldes wirst du essen. Im Schweiße deines Angesichts wirst du dein Brot essen, bis du zum Erdboden zurückkehrst; denn von ihm bist du genommen, Staub bist du und zum Staub kehrst du zurück. Der Mensch gab seiner Frau den Namen Eva, Leben, denn sie wurde die Mutter aller Lebendigen.

Die Konsequenzen des „Sündenfalls“ sind furchtbar: Mühe, Schmerzen, Tod. Aus positiver Erotik wird ein Verlangen, das die Frau an den Mann bindet, durch das sie sich ihm unterwirft. So wird das Wunderbarste zwischen zwei Menschen zu etwas Problematischen. Und zum Mann wird gesagt: Deinetwegen ist der Erdboden verflucht. Die Schuld des Mannes trifft nicht nur ihn, sondern alles, für das er verantwortlich ist. So ist es bis heute – etwa wenn ein Partner fremd geht und die Ehe zerbricht. Nicht nur die Eheleute tragen an dieser Schuld, auch die Kinder und deren Kinder spüren die Auswirkungen. Und es geht weiter: Auch die Arbeit, die im Paradies eine erfüllende Angelegenheit, ein kreatives Schaffen war, wird nun mühsam. Zuletzt droht der frühe Tod. Nur im letzten Satz klingt ein Trost an. Denn Adam wird durch seine Frau in seinen Nachkommen unsterblich. Wenn wir als Christen glauben, dass durch Jesu Kommen die Folgen des Sündenfalls jetzt schon teilweise aufgehoben sind – was heißt das genauer? Die Herrschaft des Mannes über die Frau – hier erst gibt er ihr den Namen Eva! – ist zu Ende! Erotik kann wieder frei das ausdrücken, was sie sollte. Und die Arbeit kann wieder ein freies schöpferisches Tun werden. Aber erlebe ich diese Freiheiten? Lebe ich sie?

25. April  1.Mose 3, 11 - 15
 Darauf fragte er: Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist? Hast du von dem Baum gegessen, von dem ich dir geboten habe, davon nicht zu essen? Der Mensch antwortete: Die Frau, die du mir beigesellt hast, sie hat mir von dem Baum gegeben. So habe ich gegessen. Gott, der HERR, sprach zu der Frau: Was hast du getan? Die Frau antwortete: Die Schlange hat mich verführt. So habe ich gegessen. Da sprach Gott, der HERR, zur Schlange: Weil du das getan hast, bist du verflucht unter allem Vieh und allen Tieren des Feldes. Auf dem Bauch wirst du kriechen und Staub fressen alle Tage deines Lebens. Und Feindschaft setze ich zwischen dir und der Frau, zwischen deinem Nachkommen und ihrem Nachkommen. Er trifft dich am Kopf und du triffst ihn an der Ferse.

So ist das mit der Schuld unter den Menschen: Wir suchen uns andere Schuldige. Es war die Frau! Es war die Schlange! Nur: Das ändert hier nichts am Urteil. Alle drei sind sie schuldig. Zuerst wird das Urteil über die Schlange gesprochen. Sie frisst natürlich keinen Staub, aber sie wird in den Staub erniedrigt. Sie wird nicht vernichtet, sondern zur erbitterten Feindin der Menschheit. Auch das ist ein Bild – denn Schlangen sind unheimliche und gefährliche Wesen, die den Tod bringen. Christliche Theologie hat diesen Kampf zwischen Schlange und Mensch immer als Kampf zwischen Satan und Jesus verstanden: Er wird der Schlange Satan den Kopf zertreten. So gesehen ist die Geschichte ein verborgenes Evangelium: Der Kampf währt nicht ewig, sondern ist mit dem Kommen Jesu zu einem Ende gekommen, die alte Schlange ist besiegt. Da, wo Jesus herrscht, hat das Böse keinen Raum mehr. Aber was heißt „Jesus herrscht“ konkret für mein Leben, meine Familie, meine Gemeinde? Wie kann ich diese Zuversicht leben, dass das Böse besiegt ist? 

24. April  1. Mose 3, 6 - 10
Da sah die Frau, dass es köstlich wäre, von dem Baum zu essen, dass der Baum eine Augenweide war und begehrenswert war, um klug zu werden. Sie nahm von seinen Früchten und aß; sie gab auch ihrem Mann, der bei ihr war, und auch er aß. Da gingen beiden die Augen auf und sie erkannten, dass sie nackt waren. Sie hefteten Feigenblätter zusammen und machten sich einen Schurz. Als sie an den Schritten hörten, dass sich Gott, der HERR, beim Tagwind im Garten erging, versteckten sich der Mensch und seine Frau vor Gott, dem HERRN, inmitten der Bäume des Gartens. Aber Gott, der HERR, rief nach dem Menschen und sprach zu ihm: Wo bist du? Er antwortete: Ich habe deine Schritte gehört im Garten; da geriet ich in Furcht, weil ich nackt bin, und versteckte mich.

Da sah die Frau dass es köstlich wäre…da erst! Die Schlage hat sehr geschickt die Aufmerksamkeit auf diese Früchte gelenkt. Es gab ja eine Menge von Bäumen im Garten. In ihrer Vorstellung wird die Frucht dieses Baumes immer köstlicher. Ja, neue Erkenntnis ist ein begehrenswertes Ziel. Der Mensch strebt nach Klugheit, nach tieferer Erkenntnis. Eine Erkenntnis, die gegen das Gebot Gottes gewonnen wird, bietet wirkliche Erkenntnis – aber zu welchem Preis! Sofort ist die Trennung da: Der Mensch flieht vor Gott und verbirgt sich, weil er Gott nicht mehr aushält. Bis heute ruft Gott nach uns Menschen: "Wo bist du? Wo hast du dich verborgen? Welche Schuld trennt dich von mir?" Diese Geschichte will erklären, warum aus dem „Es war sehr gut“ des Anfangs die Welt wurde, die wir heute kennen. Es war die freie Entscheidung des Menschen, gegen das Gebot zu verstoßen. So ist es bis heute – gegen alle Begründungen, die sagen „ich konnte leider nicht anders“. Auch darin besteht die Würde des Menschen, anders zu können, sich entscheiden zu können. 

23.April 1. Mose 3, 1 - 5
Die Schlange war schlauer als alle Tiere des Feldes, die Gott, der HERR, gemacht hatte. Sie sagte zu der Frau: Hat Gott wirklich gesagt: Ihr dürft von keinem Baum des Gartens essen? Die Frau entgegnete der Schlange: Von den Früchten der Bäume im Garten dürfen wir essen; nur von den Früchten des Baumes, der in der Mitte des Gartens steht, hat Gott gesagt: Davon dürft ihr nicht essen und daran dürft ihr nicht rühren, sonst werdet ihr sterben. Darauf sagte die Schlange zur Frau: Nein, ihr werdet nicht sterben. Gott weiß vielmehr: Sobald ihr davon esst, gehen euch die Augen auf; ihr werdet wie Gott und erkennt Gut und Böse.

Die Schlange ist hier ein Symbol für etwas Widergöttliches, ein würgendes und verschlingendes Wesen, das Leben auslöscht. Es wir hier noch nicht mit dem Teufel identifiziert. Sie ist von Gott erschaffen und ihre Klugheit wird hervorgehoben. Die Frage nach dem Ursprung des Bösen bleibt im Dunkeln. „Hat Gott wirklich gesagt?“ – damit sät die Schlange Zweifel ins Herz Evas. Zuerst steht das klare Gebot da – dann kommen die Zweifel: Ist das denn wirklich so gemeint? Und dann entsteht eine „alternative Erklärung“. Sie widerspricht ganz klar der ersten Aussage und arbeitet mit einem vermeintlich tieferen Wissen: Ihr habt da etwas nicht richtig verstanden! Oft beginnt der Weg zu einem Handeln gegen das Gebot Gottes mit diesem Zweifel, der das klare Gebot relativiert: Kann das denn so gemeint sein? Niemand kann diese Frage vermeiden, sie ist da, denn die Schlange stellt ja die Frage. Doch wie lautet meine Antwort? Eva verschärft in ihrer Antwort das Gebot: Wir dürfen noch nicht einmal daran rühren. Es könnte sein, dass in dieser Verschärfung schon der Keim für das Brechen des Gebotes liegt: Es erscheint dadurch unsinniger. Die korrekte Antwort wäre gewesen: „Ja, das hat er wirklich gesagt!“ Wo ist es wichtig, bei dem einfachen und schlichten Sinn eines Gebotes zu bleiben?

22.April 1.Mose 2, 18 - 25
Dann sprach Gott, der HERR: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist. Ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm ebenbürtig ist. Gott, der HERR, formte aus dem Erdboden alle Tiere des Feldes und alle Vögel des Himmels und führte sie dem Menschen zu, um zu sehen, wie er sie benennen würde. Und wie der Mensch jedes lebendige Wesen benannte, so sollte sein Name sein. Der Mensch gab Namen allem Vieh, den Vögeln des Himmels und allen Tieren des Feldes. Aber eine Hilfe, die dem Menschen ebenbürtig war, fand er nicht. Da ließ Gott, der HERR, einen tiefen Schlaf auf den Menschen fallen, sodass er einschlief, nahm eine seiner Rippen und verschloss ihre Stelle mit Fleisch. Gott, der HERR, baute aus der Rippe, die er vom Menschen genommen hatte, eine Frau und führte sie dem Menschen zu. Und der Mensch sprach: Das endlich ist Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch. Frau soll sie genannt werden; denn vom Mann ist sie genommen. Darum verlässt der Mann Vater und Mutter und hängt seiner Frau an und sie werden ein Fleisch. Beide, der Mensch und seine Frau, waren nackt, aber sie schämten sich nicht voreinander.
Gott als Experimentator! Er formt alle möglichen Lebewesen, um eines zu finden, das dem Menschen ebenbürtig ist. Aber nichts funktioniert. Der Mensch gibt ihnen Namen – das heißt, er gewinnt Herrschaft über sie, aber sie sind nicht ebenbürtig. Das gelingt erst, als Gott ein Stück Mensch nimmt und daraus eine Frau formt. Sie entspringt aus seinem Körper. Unterhalb der heute vorhandenen Rippen ist die verletztlichste Stelle des Menschen – der Bauch. Wichtig ist hier vor allem der Begriff „ebenbürtig“. Mann und Frau sind auf Augenhöhe. Adam gibt hier seiner Frau keinen Namen – und Mann wird er erst genannt, seit es die Frau gibt. Sie heißt hebräisch „Ischa“ – und er heißt „Isch“, Mann und Männin. Auch damit soll die Verbundenheit ausgedrückt werden. Und auch der Begriff „Gehilfin“ meint keine Unterordnung, sondern ein helfendes Gegenüber. Der Mann kam alleine einfach nicht klar! Gehen wir wirklich auf Augenhöhe miteinander um?

21.April 1.Mose 2, 8 - 17
Dann pflanzte Gott, der HERR, in Eden, im Osten, einen Garten und setzte dorthin den Menschen, den er geformt hatte. Gott, der HERR, ließ aus dem Erdboden allerlei Bäume wachsen, begehrenswert anzusehen und köstlich zu essen, in der Mitte des Gartens aber den Baum des Lebens und den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse. Ein Strom entspringt in Eden, der den Garten bewässert; dort teilt er sich und wird zu vier Hauptflüssen. Der Name des ersten ist Pischon; er ist es, der das ganze Land Hawila umfließt, wo es Gold gibt. Das Gold jenes Landes ist gut; dort gibt es Bdelliumharz und Karneolsteine. Der Name des zweiten Stromes ist Gihon; er ist es, der das ganze Land Kusch umfließt. Der Name des dritten Stromes ist Tigris; er ist es, der östlich an Assur vorbeifließt. Der vierte Strom ist der Eufrat. Gott, der HERR, nahm den Menschen und gab ihm seinen Wohnsitz im Garten von Eden, damit er ihn bearbeite und hüte. Dann gebot Gott, der HERR, dem Menschen: Von allen Bäumen des Gartens darfst du essen, doch vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse darfst du nicht essen; denn am Tag, da du davon isst, wirst du sterben.
Irgendwo nördlich von Euphrat und Tigris war das Paradies! Das ist natürlich Mythologie. Wichtig sind die zwei Bäume: Der Baum des Lebens und der Baum der Erkenntnis. Der Baum als mythisches Symbol steht in vielen Religionen für die Weltenordnung, für die Mitte der Welt und ihren von Gott bestimmten Aufbau. Wer vom Baum des Lebens isst, lebt ewig, denn er nimmt göttliche Kraft zu sich. Der Baum der Erkenntnis von Gut und Böse ist ein sehr zwiespältiges Symbol, das oft mit Sexualität in Verbindung gebracht wird. Denn “Erkennen” heißt im Hebräischen auch sexuelle Vereinigung. Das hieße dann: Wer sich diese Frucht einfach nimmt, verliert den Zugang zum Baum des Lebens und damit zum ewigen Leben. Die ursprüngliche Harmonie wird zerrissen und der Mensch verliert sich an das bloß Materielle. Er fällt aus dem Paradies in die Welt von Gut und Böse, von Schwarz und Weiß, richtig und falsch. Damit soll nicht gesagt sein, dass Sexualität böse ist – sondern dass Fruchtbarkeit als Geschenk Gottes Regeln unterliegt, die den Menschen bewahren sollen. Das Geheimnis der Vereinigung zweier Menschen ist tiefer als ein bloßer “Akt”, es ist das gegenseitige Erkennen und damit das Schöpfen von Leben. 

20.April 1.Mose 2, 4 - 7
Das ist die Geschichte der Entstehung von Himmel und Erde, als sie erschaffen wurden. Zur Zeit, als Gott, der HERR, Erde und Himmel machte, gab es auf der Erde noch keine Feldsträucher und wuchsen noch keine Feldpflanzen, denn Gott, der HERR, hatte es auf die Erde noch nicht regnen lassen und es gab noch keinen Menschen, der den Erdboden bearbeitete, aber Feuchtigkeit stieg aus der Erde auf und tränkte die ganze Fläche des Erdbodens. Da formte Gott, der HERR, den Menschen, Staub vom Erdboden, und blies in seine Nase den Lebensatem. So wurde der Mensch zu einem lebendigen Wesen.
Nun folgt ein zweiter, älterer Bericht. Anders als der erste geht er vom Bild der Wüste aus und stellt den Menschen in den Mittelpunkt. Der Mensch wird von Gott aus Erde (Adama) geformt – darum heißt der erste Mensch Adam, das heißt Erdling. Das, was uns lebendig macht, ist Gottes Atem, die Ruach. Darum heißt es in Psalm 104,29: “Verbirgst du dein Angesicht, sind sie verstört, nimmst du ihnen den Atem, so schwinden sie hin und kehren zurück zum Staub." Sich an die Endlichkeit und Zerbrechlichkeit des Lebens zu erinnern, kann dabei helfen, sich über die eigenen Pläne und Ziele klar zu werden. Was ist wirklich wesentlich? Was bleibt, wenn ich wieder zu Staub werde? “Was bleibt”, sagte Jörg Zink, “ist das, was die Liebenden stiften.” Meine Lebenskraft, meine Kreativität ist “Ruach”, das Geschenk Gottes. Was mache ich damit?

19. April  1.Mose 2, 1 - 3
So wurden Himmel und Erde und ihr ganzes Heer vollendet. Am siebten Tag vollendete Gott das Werk, das er gemacht hatte, und er ruhte am siebten Tag, nachdem er sein ganzes Werk gemacht hatte. Und Gott segnete den siebten Tag und heiligte ihn; denn an ihm ruhte Gott, nachdem er das ganze Werk erschaffen hatte.

Der siebte Tag ist Gott geweiht! In 2.Mose 20 heißt es: “Gedenke des Sabbats: Halte ihn heilig! Sechs Tage darfst du schaffen und all deine Arbeit tun. Der siebte Tag ist ein Ruhetag, dem HERRN, deinem Gott, geweiht. An ihm darfst du keine Arbeit tun: du und dein Sohn und deine Tochter, dein Sklave und deine Sklavin und dein Vieh und dein Fremder in deinen Toren. Denn in sechs Tagen hat der HERR Himmel, Erde und Meer gemacht und alles, was dazugehört; am siebten Tag ruhte er. Darum hat der HERR den Sabbat gesegnet und ihn geheiligt.” Gott selbst gibt uns das Beispiel vor, dass Arbeit begrenzt ist. Es ist die gute Ordnung Gottes, dass wir zur Ruhe kommen sollen. Und wir brauchen dieses Gebot, um uns gegen alle Ansprüche auf unbegrenzte Arbeit zu wehren – gegen andere und gegen unsere eigenen Antreiber in uns. Wie begrenze ich meine Arbeit? Welche Zeiten in meinem Leben sind solche heiligen Ruhezeiten?

18.April  1.Mose 1, 28 - 31
 Gott segnete sie und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehrt euch, füllt die Erde und unterwerft sie und waltet über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die auf der Erde kriechen! Dann sprach Gott: Siehe, ich gebe euch alles Gewächs, das Samen bildet auf der ganzen Erde, und alle Bäume, die Früchte tragen mit Samen darin. Euch sollen sie zur Nahrung dienen. Allen Tieren der Erde, allen Vögeln des Himmels und allem, was auf der Erde kriecht, das Lebensatem in sich hat, gebe ich alles grüne Gewächs zur Nahrung. Und so geschah es. Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Und siehe, es war sehr gut. Es wurde Abend und es wurde Morgen: der sechste Tag.
„Sehr gut!“ heißt es hier zum Abschluss der Schöpfung. Alles steht in einer sinnvollen Ordnung zueinander. Ursprünglich waren die Tiere in dieser Vorstellung keine Nahrung der Menschen. Sie waren Vegetarier. Der “Schöpfungsauftrag” bedeutet nicht, dass wir die Schöpfung ausbeuten dürfen, sondern umgekehrt, dass wir über sie herrschen wie ein Hirte über seine Herde oder ein guter König über sein Volk. Wir sind Gottes Verwalter und Stellvertreter. Gott wird uns eines Tages fragen: Was habt ihr mit meiner Schöpfung gemacht? Wie kann ich heute dieser Verantwortung gerecht werden?  


17.April 1.Mose 1, 24 - 27
Dann sprach Gott: Die Erde bringe Lebewesen aller Art hervor, von Vieh, von Kriechtieren und von Wildtieren der Erde nach ihrer Art. Und so geschah es. Gott machte die Wildtiere der Erde nach ihrer Art, das Vieh nach seiner Art und alle Kriechtiere auf dem Erdboden nach ihrer Art. Gott sah, dass es gut war. Dann sprach Gott: Lasst uns Menschen machen als unser Bild, uns ähnlich! Sie sollen walten über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels, über das Vieh, über die ganze Erde und über alle Kriechtiere, die auf der Erde kriechen. Gott erschuf den Menschen als sein Bild, als Bild Gottes erschuf er ihn. Männlich und weiblich erschuf er sie.
Am sechsten Tag wurden Tiere und Menschen geschaffen. Sie gehören eng zusammen – der Mensch ist biologisch ein höheres Tier. Wir gehören zur Tierwelt, aber wir verhalten uns oft nicht so. Und dann wird zweimal betont: Menschen werden von Gott nach seinem Bilde geschaffen. Das bezieht sich nicht auf das Aussehen, Gott ist kein Opa mit Rauschebart. Sondern auf die Fähigkeit, ein Gegenüber zu sein, in Kontakt zu treten und verantwortlich zu handeln. „Wie groß immer der Unterschied von Mensch zu Mensch ist, die Gottebenbildlichkeit ist ihnen allen Charakter, ist ihnen allen gemeinsam: sie ist es, die den Menschen zum Menschen macht, ihn als Menschen bezeichnet.“ (Leo Baeck). Jeder Mensch ist Gottes Ebenbild und Repräsentant Gottes auf Erden, darin ist die Menschenwürde begründet. Welche Konsequenzen hat das für mein Verhältnis zu meinen Mitmenschen? Setze ich mich dafür ein, dass alle Menschen in Würde leben können? 

16.April 1.Mose 1, 20 - 23

Und Gott sprach: Es wimmle das Wasser von lebendigem Getier, und Vögel sollen fliegen auf Erden unter der Feste des Himmels. Und Gott schuf große Seeungeheuer und alles Getier, das da lebt und webt, davon das Wasser wimmelt, ein jedes nach seiner Art, und alle gefiederten Vögel, einen jeden nach seiner Art. Und Gott sah, dass es gut war. Und Gott segnete sie und sprach: Seid fruchtbar und mehret euch und erfüllet das Wasser im Meer, und die Vögel sollen sich mehren auf Erden. Da ward aus Abend und Morgen der fünfte Tag.
Zum ersten Mal heißt es hier: Gott segnete sie. Mit diesem Segen wird den Lebewesen eine Würde verliehen, nämlich sich selbst zu vermehren. Die Lebewesen können selbst Leben erschaffen, sie haben damit eine göttliche Qualität. Wer zum ersten Mal einen gerade geborenen Menschen in seinen Armen hält, der oder die ahnt plötzlich etwas von dieser Würde. Da ist ein Lebewesen, das es vorher nicht gab und das aufgrund eigener Entscheidung entstanden ist. Dieses "Schöpfungsgefühl" ist überwältigend schön. Darum ist es so wichtig, mit dieser Gabe in allen Bereichen verantwortlich umzugehen – ob es sich um Tiere oder um Mitmenschen handelt. Jedes Lebewesen trägt den Segen Gottes in sich. Empfinde ich diese Ehrfurcht vor dem Leben?

15.April  1.Mose 1, 14 - 19
Und Gott sprach: Es werden Lichter an der Feste des Himmels, die da scheiden Tag und Nacht. Sie seien Zeichen für Zeiten, Tage und Jahre und seien Lichter an der Feste des Himmels, dass sie scheinen auf die Erde. Und es geschah so. Und Gott machte zwei große Lichter: ein großes Licht, das den Tag regiere, und ein kleines Licht, das die Nacht regiere, dazu auch die Sterne. Und Gott setzte sie an die Feste des Himmels, dass sie schienen auf die Erde und den Tag und die Nacht regierten und schieden Licht und Finsternis. Und Gott sah, dass es gut war. Da ward aus Abend und Morgen der vierte Tag.
Absichtsvoll wird hier formuliert: Gott heftet Lampen an das Firmament. die “Lampen” sind in den umgebenden Religionen Götter. So etwa in Ägypten der Sonnengott Re oder seine sichtbare Gestalt Aton. Oder der Gott Shamash in Babylonien. Der Schöpfungsbericht ist wahrscheinlich in Babylonien im Exil verfasst. Welche Provokation gegenüber den Einheimischen dort! “Euer Gott, den ihr verehrt, ist nur eine Lampe, die unser Gott an den Himmel gehängt hat!” Die Botschaft ist: Nichts im Diesseits darf göttliche Verehrung fordern, denn alles ist erschaffen. Die Natur, Sonne, Mond und Sterne sind nicht heilig. Aber sie folgen einer von Gott gesetzten Ordnung. Die Naturgesetze sind nicht zufällig so, wie sie sind. Wir können über ein Weltall staunen, in dem diese Gesetze gelten und sie mathematisch beschreiben. Auch wenn wir das nicht immer begreifen: Die Welt ist verlässlich und nicht chaotisch.

14. April  1.Mose 1, 11 - 13
Dann sprach Gott: Die Erde lasse junges Grün sprießen, Gewächs, das Samen bildet, Fruchtbäume, die nach ihrer Art Früchte tragen mit Samen darin auf der Erde. Und so geschah es. Die Erde brachte junges Grün hervor, Gewächs, das Samen nach seiner Art bildet, und Bäume, die Früchte tragen mit Samen darin nach ihrer Art. Gott sah, dass es gut war. Es wurde Abend und es wurde Morgen: dritter Tag.
Das Bemühen, die Schöpfungsgeschichte mit unseren Erkenntnissen zu harmonisieren, stößt hier auf ein Problem: Wie sollen Pflanzen wachsen, wenn noch gar keine Sonne erschaffen ist? Die Bibel ist kein Naturkundebuch! Jeder Versuch, hier die Bibel zu „retten“ führt zu seltsamen Verrenkungen. Wichtig sind die theologischen Aussagen: Gott hat das alles erschaffen und es ist eine gute Ordnung. Hier am dritten Tag geht es auch um eine Abgrenzung: Alles ist „nach seiner Art“ geschaffen. Die Schöpfung ist ein großartiges Netzwerk von einzelnen „Arten“, die miteinander in Verbindung stehen, aufeinander angewiesen sind, aber sich nicht einfach chaotisch vermischen. Erst allmählich ahnen wir, wie diese Zusammenhänge funktionieren, etwa wie Bäume miteinander kommunizieren. Das könnte uns eine neue Achtung vor der Schöpfung lehren. Wie könnte ich mehr auf Gottes gute Schöpfung achthaben?

13.April 1.Mose 1, 6 - 10
Dann sprach Gott: Es werde ein Gewölbe mitten im Wasser und scheide Wasser von Wasser. Gott machte das Gewölbe und schied das Wasser unterhalb des Gewölbes vom Wasser oberhalb des Gewölbes. Und so geschah es. Und Gott nannte das Gewölbe Himmel. Es wurde Abend und es wurde Morgen: zweiter Tag. Dann sprach Gott: Es sammle sich das Wasser unterhalb des Himmels an einem Ort und das Trockene werde sichtbar. Und so geschah es. Und Gott nannte das Trockene Land und die Ansammlung des Wassers nannte er Meer. Gott sah, dass es gut war.

Hier wird sehr deutlich, dass die Bibel ein anderes Weltbild hat als wir. Das Gewölbe oder „Firmament“ teilt die Urflut in einen Bereich über ihr und einen geschützten Bereich innerhalb des Gewölbes. Dort unten ordnet Gott Wasser und Land. Oberhalb des Firmamentes und rundherum befindet sich die Urflut. Wehe, wenn die Fenster des Himmels geöffnet werden und diese ganze „Kristallglocke“ wie bei Noah vollläuft. (1.Mose 7.11) Ist die Bibel als Wort Gottes damit entwertet? Nein, denn Inspiration, also das Einhauchen der Gedanken Gottes in den Schreiber, geschieht nicht unabhängig von dessen Erkenntnissen und Gedankenwelt, es ist kein ihm unverständliches Diktat. Gott spricht in die Lebenswelt des Schreibers hinein und benutzt seine Bilder und sein begrenztes Verständnis. So ist es heute auch noch: Wenn Gott zu mir spricht, dann lässt er sich auf mein begrenztes Verstehen, meinen kleinen Horizont ein. Gott ist viel größer und weiter als das, was ich über ihn denke und verstehe. Einen Gott, den man sich vorstellen kann, den kann man auch wegstellen. (Bonhoeffer). 

12. April  1.Mose 1, 1 - 5
Im Anfang erschuf Gott Himmel und Erde. Die Erde war wüst und wirr und Finsternis lag über der Urflut und Gottes Geist schwebte über dem Wasser. Gott sprach: Es werde Licht. Und es wurde Licht. Gott sah, dass das Licht gut war. Und Gott schied das Licht von der Finsternis. Und Gott nannte das Licht Tag und die Finsternis nannte er Nacht. Es wurde Abend und es wurde Morgen: erster Tag.

Es gibt in den Völkern viele Mythologien, in denen die Erschaffung der Welt das Schlachten eines Götterleibes vorangeht, der dann das „Baumaterial“ für die Welt liefert. Nicht so hier. Allein das schöpferische Wort genügt. Wenn wir Gott als Schöpfer von Himmel und Erde bekennen, dann sagen wir damit, dass alle Dinge, die es gibt, in Verbindung zu ihm stehen. Alles – auch die Finsternis, die Urflut und das Chaos – ist von Gott geschaffen, um all das gleich darauf zu ordnen. Dass die Welt so geordnet ist, dass wir sie mit Formeln beschreiben können, die im ganzen Kosmos gelten, ist ein starker Hinweis auf Gott! Die Verse sagen aber auch, dass Finsternis und Chaos nicht ferne von Gott sind: „Finsternis ist nicht finster bei dir“ (Ps.139,12). Auch in meinem Leben lässt Gott das Chaos zu, um es dann sinnvoll zu ordnen und etwas Neues daraus zu schaffen.

11.April  Lukas 24, 36 - 45
Während sie noch darüber redeten, trat er selbst in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! Sie erschraken und hatten große Angst, denn sie meinten, einen Geist zu sehen. Da sagte er zu ihnen: Was seid ihr so bestürzt? Warum lasst ihr in eurem Herzen Zweifel aufkommen? Seht meine Hände und meine Füße an: Ich bin es selbst. Fasst mich doch an und begreift: Kein Geist hat Fleisch und Knochen, wie ihr es bei mir seht. Bei diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und Füße. Als sie es aber vor Freude immer noch nicht glauben konnten und sich verwunderten, sagte er zu ihnen: Habt ihr etwas zu essen hier? Sie gaben ihm ein Stück gebratenen Fisch; er nahm es und aß es vor ihren Augen. Dann sagte er zu ihnen: Das sind meine Worte, die ich zu euch gesprochen habe, als ich noch bei euch war: Alles muss in Erfüllung gehen, was im Gesetz des Mose, bei den Propheten und in den Psalmen über mich geschrieben steht. Darauf öffnete er ihren Sinn für das Verständnis der Schriften. 
Die Jünger hatten gerade den  Bericht der Emmausjünger gehört, die Jesus auf dem Weg nach Hause erlebt hatten. Da ist er plötzlich selbst da und sagt: Guten Tag! Denn er verwendet den üblichen Allerweltsgruß in Israel. Wieder weichen die Jünger zurück, sie meinen einen Geist zu sehen. Um jedes Argument in Richtung einer reinen Vision des Auferstandenen zu verhindern, wird das Essen des Fisches geschildert: Seht her, ich bin körperlich hier bei euch. Wie aber kann ein Körper plötzlich auftauchen und wieder verschwinden? Trotz dieser Schilderung bleibt diese Erscheinung im Unbegreiflichen. Es wird auch nirgendwo erklärt, denn nun geht es um die Zukunft: Die Jünger sollen fähig gemacht werden, die Botschaft Jesu in die Welt zu tragen. Und wie immer man sich die Auferstehung vorstellt - sie wurden mehr als fähig, sie brannten für diese Botschaft. Sie ließen sich sogar dafür verbrennen. Das macht man nicht für eine Fake - Erzählung! 

10.April, Lukas 24, 13 - 26
Und siehe, am gleichen Tag waren zwei von den Jüngern auf dem Weg in ein Dorf namens Emmaus, das sechzig Stadien von Jerusalem entfernt ist. Sie sprachen miteinander über all das, was sich ereignet hatte. Und es geschah, während sie redeten und ihre Gedanken austauschten, kam Jesus selbst hinzu und ging mit ihnen. Doch ihre Augen waren gehalten, sodass sie ihn nicht erkannten. Er fragte sie: Was sind das für Dinge, über die ihr auf eurem Weg miteinander redet?
Da blieben sie traurig stehen und der eine von ihnen - er hieß Kleopas - antwortete ihm: Bist du so fremd in Jerusalem, dass du als Einziger nicht weißt, was in diesen Tagen dort geschehen ist? Er fragte sie: Was denn? Sie antworteten ihm: Das mit Jesus aus Nazaret. Er war ein Prophet, mächtig in Tat und Wort vor Gott und dem ganzen Volk. Doch unsere Hohepriester und Führer haben ihn zum Tod verurteilen und ans Kreuz schlagen lassen. Wir aber hatten gehofft, dass er der sei, der Israel erlösen werde.
Man kann sich gut vorstellen, was die zwei Jünger auf ihrem Weg nach Hause geredet haben: Was war das alles? Welcher Sache sind wir da nachgelaufen? Wie konnten wir uns so davon überzeugen lassen? Und was fangen wir jetzt daheim an? So können sie Jesus in dem einsamen Wanderer nicht erkennen. Er ist ihnen nahe und bleibt doch fremd. Wie oft geht es uns so, wenn wir in Sorge und Angst verstrickt sind. Und da ist noch etwas: Auf Jesu Frage erzählen sie, Jesus sei ein Prophet gewesen und habe Israel erlösen wollen. Wie viel haben sie in ihrer Jüngerzeit mitbekommen? Waren sie nicht dabei, als Petrus bekannte: "Du bist der Christus?" Jesus nimmt sich Zeit, ihnen auf dem Weg nochmals die "basics" zu erklären. Da können wir uns selbst ja auch fragen, wieviel von Jesus wir erlebt haben und wieviel wir begriffen haben. 

9.April Lukas 24,1 - 12
 Am ersten Tag der Woche gingen die Frauen mit den wohlriechenden Salben, die sie zubereitet hatten, in aller Frühe zum Grab. Da sahen sie, dass der Stein vom Grab weggewälzt war;  sie gingen hinein, aber den Leichnam Jesu, des Herrn, fanden sie nicht. Und es geschah, während sie darüber ratlos waren, siehe, da traten zwei Männer in leuchtenden Gewändern zu ihnen. Die Frauen erschraken und blickten zu Boden. Die Männer aber sagten zu ihnen: Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier, sondern er ist auferstanden. Erinnert euch an das, was er euch gesagt hat, als er noch in Galiläa war: Der Menschensohn muss in die Hände sündiger Menschen ausgeliefert und gekreuzigt werden und am dritten Tag auferstehen. Da erinnerten sie sich an seine Worte. Und sie kehrten vom Grab zurück und berichteten das alles den Elf und allen Übrigen. Es waren Maria von Magdala, Johanna und Maria, die Mutter des Jakobus, und die übrigen Frauen mit ihnen. Sie erzählten es den Aposteln. Doch die Apostel hielten diese Reden für Geschwätz und glaubten ihnen nicht. Petrus aber stand auf und lief zum Grab. Er beugte sich vor, sah aber nur die Leinenbinden. Dann ging er nach Hause, voll Verwunderung über das, was geschehen war.
Der Bericht der Frauen hat auf die Apostel keinen Eindruck gemacht. "Geschwätz", das ist ihr Urteil. Allein Petrus macht sich auf den Weg, sieht das leere Grab und wundert sich. Aber mehr auch nicht. Es sind zuerst die Frauen, die für dieses unbegreifliche Wunder empfänglich sind. Sie sehen die Lichtgestalten, sie hören sie reden. Wo finden wir uns in all dem wieder? Bei den Aposteln und ihrem Urteil, das sie verschließt? Oder bei den Frauen, denen die Augen geöffnet sind? Begreifen können wir das, was damals geschehen ist, nicht. Aber die Berichte, die wir haben - auch die über die späteren Erlebnisse der Apostel - sprechen immer wieder von der unbegreifbaren Gestalt des Auferstandenen. Jesus Christus lebt in einer anderen Dimension, einer neuen Seinsweise. Wir sollten ihn nicht mehr in toten Dingen oder Gräbern suchen, denn er lebt und wir werden mit ihm leben. Heraus aus allen menschlichen Gräbern und Ihm hinterher! 

8.April Lukas 23, 44 -  49 
Es war schon um die sechste Stunde, als eine Finsternis über das ganze Land hereinbrach - bis zur neunten Stunde. Die Sonne verdunkelte sich. Der Vorhang im Tempel riss mitten entzwei. Und Jesus rief mit lauter Stimme: Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist. Mit diesen Worten hauchte er den Geist aus.  Als der Hauptmann sah, was geschehen war, pries er Gott und sagte: Wirklich, dieser Mensch war ein Gerechter.  Und alle, die zu diesem Schauspiel herbeigeströmt waren und sahen, was sich ereignet hatte, schlugen sich an die Brust und gingen weg. Alle seine Bekannten aber standen in einiger Entfernung, auch die Frauen, die ihm von Galiläa aus nachgefolgt waren und die dies mit ansahen.
Der Tod Jesu war ein einschneidendes, unheimliches Geschehen. Die Zuschauer, die sich das "Schauspiel" ansehen wollten, waren tief betroffen und wurden sich der eigenen Schuld bewusst. Ein Hauptmann der Römer erkennt in ihm einen Gerechten. Es war etwas geschehen, was die Zuschauer nicht begreifen konnten. Und dann zerreißt der schwere, 18 Meter hohe Vorhang vor dem Allerheiligsten im Tempel. So etwas kam vor, weil ja Tag für Tag Blut des Opfertiers auf ihn gespritzt wurde. Jedes Jahr musste ein neuer Vorhang hergestellt werden. Aber hier hat diese Bemerkung tiefe Bedeutung: Im Tod Jesu fällt die Schranke zwischen Gott und Mensch, der Weg zu Gott ist frei. Durch sein Opfer sind alle anderen Opfer abgelöst und unnötig geworden. Wer auf Jesus vertraut, hat den freien Zugang zu Gott, seinem Vater. 

7.April Lukas 23. 26 - 43
 Als sie Jesus hinausführten, ergriffen sie Simon, einen Mann aus Kyrene, der gerade vom Feld kam. Ihm luden sie das Kreuz auf, damit er es hinter Jesus hertrage. Es folgteihm eine große Menge des Volkes, darunter auch Frauen, die um ihn klagten und weinten.  Jesus wandte sich zu ihnen um und sagte: Töchter Jerusalems, weint nicht über mich; weint vielmehr über euch und eure Kinder! Denn siehe, es kommen Tage, da wird man sagen: Selig die Frauen, die unfruchtbar sind, die nicht geboren und nicht gestillt haben. Dann wird man zu den Bergen sagen: Fallt auf uns! und zu den Hügeln: Deckt uns zu!  Denn wenn das mit dem grünen Holz geschieht, was wird dann erst mit dem dürren werden? Zusammen mit Jesus wurden auch zwei Verbrecher zur Hinrichtung geführt. Sie kamen an den Ort, der Schädelhöhe heißt; dort kreuzigten sie ihn und die Verbrecher, den einen rechts von ihm, den andern links. Jesus aber betete: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun! Um seine Kleider zu verteilen, warfen sie das Los.  Das Volk stand dabei und schaute zu; auch die führenden Männer verlachten ihn und sagten: Andere hat er gerettet, nun soll er sich selbst retten, wenn er der Christus Gottes ist, der Erwählte.  Auch die Soldaten verspotteten ihn; sie traten vor ihn hin, reichten ihm Essig und sagten: Wenn du der König der Juden bist, dann rette dich selbst! Über ihm war eine Aufschrift angebracht: Das ist der König der Juden.  Einer der Verbrecher, die neben ihm hingen, verhöhnte ihn: Bist du denn nicht der Christus? Dann rette dich selbst und auch uns! Der andere aber wies ihn zurecht und sagte: Nicht einmal du fürchtest Gott? Dich hat doch das gleiche Urteil getroffen.  Uns geschieht recht, wir erhalten den Lohn für unsere Taten; dieser aber hat nichts Unrechtes getan. Dann sagte er: Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst! Jesus antwortete ihm: Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein.

Es ist viel gesagt und geschrieben worden über den ungerechten Prozess und das Hin und Her der Verantwortlichen. Für uns ist vor allem wichtig, wie Jesus sich verhält. Einmal erneuert er seine Weissagung über Jerusalem: Wie wird es dieser Stadt ergehen, wenn sie mir so etwas antun? Und dann trägt ihn immer noch die Überzeugung, dass ihm der Himmel offen steht. Er zweifelt nicht, dass er im Sinne seines Vaters handelt. Auch gegenüber einem reuigen Verbrecher hält seine Liebe durch. Auf die Verhöhnung von allen Seiten schweigt er. Wie naheliegend, sie alle miteinander zu verfluchen, aber Jesus schweigt. Wie gut, ihm nachfolgen zu können! 

6.April Lukas 22, 47 - 53
 Noch während er redete, siehe, da kam eine Schar Männer; und der Judas hieß, einer der Zwölf, ging ihnen voran. Er näherte sich Jesus, um ihn zu küssen. Jesus aber sagte zu ihm: Judas, mit einem Kuss lieferst du den Menschensohn aus? Als seine Begleiter merkten, was bevorstand, fragten sie: Herr, sollen wir mit dem Schwert dreinschlagen? Und einer von ihnen schlug auf den Diener des Hohepriesters ein und hieb ihm das rechte Ohr ab. Da sagte Jesus: Lasst es! Nicht weiter! Und er berührte das Ohr und heilte den Mann. Zu den Hohepriestern aber, den Hauptleuten der Tempelwache und den Ältesten, die vor ihm standen, sagte Jesus: Wie gegen einen Räuber seid ihr mit Schwertern und Knüppeln ausgezogen. Tag für Tag war ich bei euch im Tempel und ihr habt nicht Hand an mich gelegt. 
Die Situation schrammt hart an einer Katastrophe vorbei. Denn die Jünger, die jetzt erst merken, "was bevorstand", greifen zum Schwert. Offenbar haben zwei Jünger vorgesorgt. Jetzt ist die Stunde des Aufstands! Nein, sagt Jesus, nicht weiter. Mit der Heilung des Knechtes beruhigt er die aufgeladene Situation. Und geschildert das natürlich auch, um nochmals deutlich zu machen: Ihr nehmt hier einen fest, der Leute geheilt und befreit hat! Sie behandeln ihn wie einen gemeinen Räuber. Wieso haben die Jünger trotz Jesu Ankündigungen das nicht sehen können, wieso sind sie so überrascht? Sie haben die Hoffnung auf einen Volksaufstandes im Kopf. Das verunmöglicht es ihnen, sich vorzustellen, Jesus würde "einfach so" verhaftet. Wer seine eigenen Vorstellungen im Kopf hat, dem fällt es schwer, Jesu Worte zu begreifen. 

5.April  Lukas 22, 39 - 46
Dann verließ Jesus die Stadt und ging, wie er es gewohnt war, zum Ölberg; seine Jünger folgten ihm. Als er dort war, sagte er zu ihnen: Betet, dass ihr nicht in Versuchung geratet! Dann entfernte er sich von ihnen ungefähr einen Steinwurf weit, kniete nieder und betete:  Vater, wenn du willst, nimm diesen Kelch von mir! Aber nicht mein, sondern dein Wille soll geschehen. Da erschien ihm ein Engel vom Himmel und stärkte ihn. Und er betete in seiner Angst noch inständiger und sein Schweiß war wie Blut, das auf die Erde tropfte. Nach dem Gebet stand er auf, ging zu den Jüngern zurück und fand sie schlafend; denn sie waren vor Kummer erschöpft. Da sagte er zu ihnen: Wie könnt ihr schlafen? Steht auf und betet, damit ihr nicht in Versuchung geratet!

"Vater, wenn du willst, nimm diesen Kelch von mir!" Schon seit einiger Zeit ist Jesus klar, was es für ihn bedeutet, nach Jerusalem zu gehen. Sein Leben wird zum Opfer zur Ablösung des täglichen Opfers, das im Tempel dargebracht wird. Aber gibt es nicht doch einen anderen Weg? Wird dieses Opfer etwas bewirken? Werden die Menschen begreifen? Da ist es doppelt schwer für ihn, dass seine engsten Freunde lieber schlafen. Lukas schreibt, sie seien vor Kummer erschöpft. Gegen die Versuchung der Resignation hilft es, den direkten Kontakt zu Gott zu suchen. Betet! Hier ist Jesus ganz Mensch, schwach, zweifelnd und angewiesen auf die Nähe seines Vaters. Seine Nachfolger sind in dieser Nacht noch nicht fähig, diese Nähe zu suchen.  Sie haben es später in Verfolgungen gelernt.

4.April Lukas 22, 24 - 30
Es entstand unter ihnen ein Streit darüber, wer von ihnen wohl der Größte sei. Da sagte Jesus zu ihnen: Die Könige herrschen über ihre Völker und die Vollmacht über sie haben, lassen sich Wohltäter nennen.  Bei euch aber soll es nicht so sein, sondern der Größte unter euch soll werden wie der Jüngste und der Führende soll werden wie der Dienende.  Denn wer ist größer: Der bei Tisch sitzt oder der bedient? Ist es nicht der, der bei Tisch sitzt? Ich aber bin unter euch wie der, der bedient.  Ihr aber habt in meinen Prüfungen bei mir ausgeharrt.  Darum vermache ich euch das Reich, wie es mein Vater mir vermacht hat: Ihr sollt in meinem Reich an meinem Tisch essen und trinken und ihr sollt auf Thronen sitzen und die zwölf Stämme Israels richten.

Haben wir richtig gelesen? Direkt nach dem Abendmahl diskutieren die Jünger die Frage, wer der Größte ist! Ja, haben die denn gar nichts mitbekommen? Oder will uns Lukas durch diese Zusammenstellung zeigen, dass die Nachfolger Jesu nichts kapiert haben? Nein, ich denke, es ist genauso bei uns Menschen. Wir haben in den heiligsten Momenten die unheiligsten Gedanken. Wir haben Abgründe und finstere Ecken in uns. Was ich wirklich bemerkenswert finde, ist die Reaktion Jesu. Er könnte doch verletzt und maßlos enttäuscht sein! "Seid ihr noch ganz bei Trost, euch jetzt mit so etwas zu beschäftigen? Ja, merkt ihr denn nicht, wie es mir geht??" - Das hätte er sagen können. Stattdessen lehrt er sie voller Geduld und weist auf sein Beispiel hin. "Ich bin der, der euch bedient, jetzt in diesem Moment." Das heißt: Er gibt sie nicht auf, auch jetzt nicht. Und weil er um ihre Schwäche weiß, gibt er ihnen ein Zukunftsbild mit, damit sie bei dem, was nun kommt, nicht aufgeben. So geht Jesus mit Abgründen um - auch mit meinen. 

3.April Lukas 22, 14 - 23
Als die Stunde gekommen war, legte er sich mit den Aposteln zu Tisch. Und er sagte zu ihnen: Mit großer Sehnsucht habe ich danach verlangt, vor meinem Leiden dieses Paschamahl mit euch zu essen. Denn ich sage euch: Ich werde es nicht mehr essen, bis es seine Erfüllung findet im Reich Gottes. Und er nahm einen Kelch, sprach das Dankgebet und sagte: Nehmt diesen und teilt ihn untereinander! Denn ich sage euch: Von nun an werde ich nicht mehr von der Frucht des Weinstocks trinken, bis das Reich Gottes kommt. Und er nahm Brot, sprach das Dankgebet, brach es und reichte es ihnen mit den Worten: Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird. Tut dies zu meinem Gedächtnis! Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch und sagte: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird. Doch siehe, die Hand dessen, der mich ausliefert, ist mit mir am Tisch. Der Menschensohn muss zwar den Weg gehen, der ihm bestimmt ist. Aber weh dem Menschen, durch den er ausgeliefert wird! Da fragte einer den andern, wer von ihnen das wohl sei, der dies tun werde.

Die Worte des Abendmahls sind uns sehr vertraut. Doch die Atmosphäre dieses letzten Mahles Jesu ist eine andere als bei unseren Feiern. Es ist eine gedrückte Stimmung voller böser Vorahnung. "Vor meinem Leiden", "ich werde nicht mehr essen, nicht mehr trinken." Die Apostel werden diese Worte mit Entsetzen vernommen haben. Oder haben sie gar nicht begriffen, was Jesus hier ankündigt? Haben sie immer noch nicht erfasst, welchen Weg Jesus nun nehmen wird? Begreife ich es, in welcher Not sich Jesus befindet und warum seine Sehnsucht so groß ist, dieses Mahl mit denen zu feiern, die seine Nächsten sind? Wer das Abendmahl nimmt, der und die nimmt teil an dieser Not, am Schmerz über den Verrat und der Angst vor dem kommenden Kreuz. Wenn ich es zulasse, kann ich Jesus darin nahe sein - über alle Zeiten hinweg. 

2.April  Lukas 22,1 - 6
 Das Fest der Ungesäuerten Brote, das Pascha genannt wird, war nahe. Und die Hohepriester und die Schriftgelehrten suchten nach einer Möglichkeit, Jesus zu beseitigen; denn sie fürchteten sich vor dem Volk.
Da fuhr der Satan in Judas, genannt Iskariot, der zu den Zwölf gehörte.  Judas ging zu den Hohepriestern und den Hauptleuten und beriet mit ihnen, wie er Jesus an sie ausliefern könnte. Da freuten sie sich und kamen mit ihm überein, ihm Geld zu geben. Er sagte zu und suchte nach einer günstigen Gelegenheit, ihn an sie auszuliefern, ohne dass das Volk es merkte.
Es ist ein bleibendes Rätsel, warum Judas zum Verräter wurde. War er enttäuscht, weil Jesus nicht zum Aufstand und zu den Waffen rief? Wollte er Jesus in eine Situation bringen, in der er sich offenbaren und seine Macht zeigen musste? Wie auch immer - es ist verstörend, dass ein Jünger, der die Bergpredigt live erlebt hat, der die Wunder gesehen hat und Tag für Tag mit Jesus zusammen war, zu den Feinden überläuft.  Das enthält eine ernste Warnung: Frömmigkeit schützt nicht vor falschen Wegen. Im dunklen Winkel unseres Herzens können sich Dinge entwickeln, die irgendwann außer Kontrolle geraten. Dagegen hilft eine ehrliche Auseinandersetzung mit meinen privaten Gedanken. Halten sie das Licht der Botschaft Jesu aus?  Wer im Licht Gottes lebt, in den fährt nicht der Satan. 

1.April  Lukas 21, 20 - 24
Wenn ihr aber seht, dass Jerusalem von Heeren eingeschlossen wird, dann erkennt ihr, dass seine Verwüstung bevorsteht. Dann sollen die Bewohner von Judäa in die Berge fliehen; wer in der Stadt ist, soll sie verlassen, und wer auf dem Land ist, soll nicht in die Stadt gehen. Denn das sind die Tage der Vergeltung, damit alles in Erfüllung geht, was geschrieben steht. Wehe den Frauen, die in jenen Tagen schwanger sind oder ein Kind stillen! Denn große Bedrängnis wird über das Land hereinbrechen und Zorn über dieses Volk. Mit scharfem Schwert wird man sie erschlagen, als Gefangene wird man sie zu allen Völkern schleppen und Jerusalem wird von den Völkern zertreten werden, bis die Zeiten der Völker sich erfüllen.

Viele Theologen nehmen diese Prophetie als Beleg dafür, dass Lukas sein Evangelium nach der Zerstörung Jerusalems geschrieben hat, also als eine "Voraussage nach der Erfüllung". Man sollte Jesus schon zutrauen, dass er die Zeichen der Zeit deuten konnte.  Hier sind ähnliche Worte zu lesen wie einst beim Propheten Jeremia. Jesus blickt in eine Zeit etwa 40 Jahre nach seinem Tod. Welche Zeichen der Zeit haben wir heute zu deuten? Was wird in unserer Zeit kommen? Nur ein Gedanke dazu: Damals haben die Verantwortlichen den Kopf geschüttelt und gesagt: "Das wird nicht geschehen, wir machen gute Politik mit den Römern. Wer soll uns zerstören?"  Und heute? Was auch immer an Überraschendem kommen mag, Gott hat diese Welt in seiner Hand. Er hat uns in seiner Hand. 


31.März Lukas 21, 8 - 13
 Er sprach: Gebt Acht, dass man euch nicht irreführt! Denn viele werden unter meinem Namen auftreten und sagen: Ich bin es! und: Die Zeit ist da. - Lauft ihnen nicht nach!  Wenn ihr von Kriegen und Unruhen hört, lasst euch nicht erschrecken! Denn das muss als Erstes geschehen; aber das Ende kommt noch nicht sofort. Dann sagte er zu ihnen: Volk wird sich gegen Volk und Reich gegen Reich erheben. Es wird gewaltige Erdbeben und an vielen Orten Seuchen und Hungersnöte geben; schreckliche Dinge werden geschehen und am Himmel wird man gewaltige Zeichen sehen. Aber bevor das alles geschieht, wird man Hand an euch legen und euch verfolgen. Man wird euch den Synagogen und den Gefängnissen ausliefern, vor Könige und Statthalter bringen um meines Namens willen. Dann werdet ihr Zeugnis ablegen können.
Jesus und seine Nachfolger haben das Ende der Welt erwartet. Wir blicken mit einem Abstand von 2000 Jahren auf diese Aussagen. Das, was Jesus hier ankündigt, ist wieder und wieder geschehen. Aber das Ende kam nicht. Soll das heißen, es geht immer so weiter? Da heißt es: "Gebt acht, dass man euch nicht irreführt!" Das tun nicht nur die, die heute verkünden, das Ende sei sehr nahe. Sondern auch die, die verkünden, es gäbe gar kein Ende. Gottes Zeit ist nicht unsere Zeit. Einmal aber wird diese ganze Geschichte enden. Die Welt wird verwandelt werden in die Welt, die Gott ursprünglich gewollt hat. Hat das eine Bedeutung für uns? Ändern sich dadurch unsere Lebensperspektive, unsere Ziele und Lebensführung? 

30.März Lukas 21, 1 - 4
Er blickte auf und sah, wie die Reichen ihre Gaben in den Opferkasten legten. Er sah aber auch eine arme Witwe, die dort zwei kleine Münzen hineinwarf.  Da sagte er: Wahrhaftig, ich sage euch: Diese arme Witwe hat mehr hineingeworfen als alle anderen. Denn sie alle haben nur etwas von ihrem Überfluss hineingeworfen; diese Frau aber, der es am Nötigsten mangelt, hat ihren ganzen Lebensunterhalt hergegeben.
Die Gelder, die in die Opferbehälter eingelegt wurden, dienten zur Bezahlung von Opfern im Tempel. Vermutlich handelt es sich in dieser Begebenheit um den Kasten für Leute, die sich selbst keine Opferbezahlung leisten konnten. Die Witwe sorgt sich also um das Heil anderer Menschen. Und sie spürt ihren Verzicht ganz unmittelbar.  Einen solchen Verzicht leistet nur der, der von der Notwendigkeit der Sache überzeugt ist. Es geht nicht darum, "dass es weh tut", wie manche sagen. Es tut nicht weh, wenn jemand von der Richtigkeit überzeugt ist.  Wo gehe ich selbst über das normale Maß des Opferns hinaus - sei es beim Geld, bei meiner Zeit oder meiner Kraft?  Warum? 

29.März Lukas 20, 27 - 36
 Von den Sadduzäern, die bestreiten, dass es eine Auferstehung gibt, kamen einige zu Jesus und fragten ihn:  Meister, Mose hat uns vorgeschrieben: Wenn ein Mann, der einen Bruder hat, stirbt und eine Frau hinterlässt, ohne Kinder zu haben, dann soll sein Bruder die Frau nehmen und seinem Bruder Nachkommen verschaffen. Nun lebten einmal sieben Brüder. Der erste nahm sich eine Frau, starb aber kinderlos.  Da nahm sie der zweite, danach der dritte und ebenso die anderen bis zum siebten; sie alle hinterließen keine Kinder, als sie starben.  Schließlich starb auch die Frau. Wessen Frau wird sie nun bei der Auferstehung sein? Alle sieben haben sie doch zur Frau gehabt. Da sagte Jesus zu ihnen: Die Kinder dieser Welt heiraten und lassen sich heiraten. Die aber, die gewürdigt werden, an jener Welt und an der Auferstehung von den Toten teilzuhaben, heiraten nicht, noch lassen sie sich heiraten. Denn sie können auch nicht mehr sterben, weil sie den Engeln gleich und als Kinder der Auferstehung zu Kindern Gottes geworden sind.
Kinder der Auferstehung! Das ist Jesu Perspektive. Nicht nur, dass er seine Auferstehung erwartet, seine Hoffnung geht über sein eigenen Schicksal hinaus und umfasst alle, die sich mit ihm verbinden. Dort in der neuen Welt Gottes herrschen ganz andere Gesetze als in dieser Welt.  Jesus malt das nirgendwo aus, aber er lebt in dieser Hoffnung. Vielleicht hat Lukas dieses Gespräch bewahrt, weil in seiner Zeit nach Ostern allmählich Christen gestorben sind, die doch auf die Wiederkunft Jesu warteten.  Welche Antwort konnte er den Hinterbliebenen geben? Sie lautet: Ihr seid Kinder der Auferstehung und werdet Anteil an seiner Auferstehung haben.  Gibt mir das Hoffnung über meinen eigenen Tod hinaus? Habe ich eine Vorstellung vom Himmel als dem Ort, an dem ich leben werde? 

28. März Lukas 20, 20 - 26
Daher lauerten sie ihm auf und schickten Spitzel, die so tun sollten, als wären sie selbst gerecht, um ihn bei einer Äußerung zu ertappen. Denn sie wollten ihn der Gerichtsbarkeit des Statthalters übergeben.
Und sie fragten ihn: Meister, wir wissen, dass du aufrichtig redest und lehrst und nicht auf die Person siehst, sondern wahrhaftig den Weg Gottes lehrst. Ist es uns erlaubt, dem Kaiser Steuer zu zahlen, oder nicht?
 Er aber durchschaute ihre Hinterlist und sagte zu ihnen:
 Zeigt mir einen Denar! Wessen Bild und Aufschrift sind darauf? Sie antworteten: Die des Kaisers.
 Da sagte er zu ihnen: Dann gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!
So gelang es ihnen nicht, ihn bei einer Äußerung vor dem Volk zu ertappen. Sie waren über seine Antwort verwundert und schwiegen.

Die Hinterlist  besteht darin, dass Jesus, wie er auch antwortet, Ärger bekommt. Sagt er, man müsse Steuern bezahlen, dann gilt er im Volk als Römerfreund und Verräter. Sagt er, man müsse es nicht, kann er bei den Römern angezeigt werden.  Was also tun? Jesu Antwort ist radikal: Das Geld könnt ihr getrost dem Kaiser geben, es gehört ihm ja. aber was gehört Gott? Alles! Das Leben und alles, was Leben ausmacht. Die Nachfolger Jesu sollen ihr Leben Gott weihen - ihren Besitz können sie dem Kaiser überlassen.  Was bedeutet das für uns? Klar, wir zahlen Steuern und Abgaben. Aber wirklich wesentlich ist das, was unser Leben ausmacht. Es gehört Gott. So hat Jesus in seiner Antwort eine Fangfrage in einen Aufruf zur Nachfolge verwandelt.  Wir können uns fragen, was heute "Dem Staat gehört" und was in unserem Leben die wesentlichen Dinge sind, die Gott gehören: Meine Zeit, mein Einsatz, meine Liebe...Wo kreise ich noch zu sehr um Dinge, die "zum Kaiser gehören?"

27.März Lukas 20, 9 - 19
Er erzählte dem Volk dieses Gleichnis: Ein Mann legte einen Weinberg an, verpachtete ihn an Winzer und reiste für längere Zeit in ein anderes Land.  Als nun die Zeit dafür gekommen war, schickte er einen Knecht zu den Winzern, damit sie ihm seinen Anteil an der Frucht des Weinbergs geben sollten. Die Winzer aber prügelten ihn und jagten ihn mit leeren Händen fort. Darauf schickte er einen anderen Knecht; auch ihn prügelten und entehrten sie und jagten ihn mit leeren Händen fort. Er schickte noch einen dritten Knecht; aber auch ihn schlugen sie blutig und warfen ihn hinaus. Da sagte der Herr des Weinbergs: Was soll ich tun? Ich will meinen geliebten Sohn schicken. Vielleicht werden sie vor ihm Achtung haben. Als die Winzer den Sohn sahen, überlegten sie und sagten zueinander: Das ist der Erbe; wir wollen ihn umbringen, damit das Erbe uns gehört. Und sie warfen ihn aus dem Weinberg hinaus und brachten ihn um. Was wird nun der Herr des Weinbergs mit ihnen tun? Er wird kommen und diese Winzer vernichten und den Weinberg anderen geben Als sie das hörten, sagten sie: Das darf nicht geschehen!  Da sah Jesus sie an und sagte: Was bedeutet dieses Schriftwort: Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, er ist zum Eckstein geworden? Jeder, der auf diesen Stein fällt, wird zerschellen; auf wen der Stein aber fällt, den wird er zermalmen. Die Schriftgelehrten und die Hohepriester hätten gern noch in derselben Stunde Hand an ihn gelegt; aber sie fürchteten das Volk. Denn sie hatten gemerkt, dass er sie mit diesem Gleichnis meinte.
Ein normaler Vorgang wird zum Gleichnis. Pachtwesen und das Errichten von Pachtzinsen war Alltag im Land. Doch hier geschieht Unerhörtes: Die Pächter weigern sich, die Pacht zu bezahlen. Das heißt: Sie sind von vorneherein im Unrecht.  Und noch schlimmer: Sie begehen einen Mord. Als in der Geschichte das Vernichtungsurteil ergeht, rufen die Zuhörer: 
"Das darf nicht geschehen!" Was meinen sie damit?  Die Aburteilung der Winzer oder die ganze Geschichte?  Nun
 zitiert Jesus Psalm 118 und macht klar:  Ihr seid die Leute, die immer schon die Boten Gottes verfolgt habt - und nun weigert ihr euch, den Sohn des Höchsten zu hören.  Der Eckstein ist der Stein, nach dem das ganze Bauwerk ausgerichtet ist.  Jesus ist dieser Eckstein, aber sie haben ihn verworfen.  An ihrem Umgang mit Jesus entscheidet sich ihr Schicksal.  Wer ist Jesus für mich?  Der Eckstein, an dem ich mich ausrichten lasse? Ein Stein unter vielen? Das Fundament meines Lebens? Gelingen und Scheitern meines Lebens steht auf dem Spiel. 

26. März  Lukas 20, 1 - 8
 Und es geschah: Eines Tages lehrte Jesus im Tempel das Volk und verkündete das Evangelium, da kamen die Hohepriester und die Schriftgelehrten mit den Ältesten hinzu und fragten ihn: Sag uns: In welcher Vollmacht tust du das? Wer hat dir diese Vollmacht gegeben? Er antwortete ihnen: Auch ich will euch eine Frage stellen. Sagt mir: Stammte die Taufe des Johannes vom Himmel oder von den Menschen?  Da überlegten sie und sagten zueinander: Wenn wir antworten: Vom Himmel!, so wird er sagen: Warum habt ihr ihm dann nicht geglaubt?  Wenn wir aber antworten: Von den Menschen!, dann wird das ganze Volk uns steinigen; denn sie sind überzeugt, dass Johannes ein Prophet ist. Darum antworteten sie: Wir wissen nicht, woher.  Jesus erwiderte ihnen: Dann sage auch ich euch nicht, in welcher Vollmacht ich das tue.
Eine direkte ehrliche Antwort hätte Jesus in große Schwierigkeiten gebracht. Er hätte sich als Messias "outen" müssen und man hätte ihm den Prozess machen können.  Doch Jesus lässt sich nicht zu etwas drängen, zu dem er noch nicht bereit ist. Er stellt eine Gegenfrage und bringt seine Gegner in Verlegenheit.  Was kann man daraus lernen? Wir müssen nicht denen gehorchen, die uns in Schwierigkeiten bringen wollen. Wir sind nicht jedem eine Antwort schuldig, wenn diese Antwort uns nur Probleme bringt. Auch die Gegner Jesu vermeiden ja Antworten, die ihnen nur Schwierigkeiten einbringen.  Menschen dürfen nicht darüber bestimmen, ob und wann ich etwas äußere! 

25.März Jeremia 17, 5 - 8
 So spricht der HERR: Verflucht der Mensch, der auf Menschen vertraut, auf schwaches Fleisch sich stützt und dessen Herz sich abwendet vom HERRN. Er ist wie ein Strauch in der Steppe,  der nie Regen kommen sieht; er wohnt auf heißem Wüstenboden,  im Salzland, das unbewohnbar ist. Gesegnet der Mensch, der auf den HERRN vertraut und dessen Hoffnung der HERR ist. Er ist wie ein Baum, der am Wasser gepflanzt ist / und zum Bach seine Wurzeln ausstreckt: Er hat nichts zu fürchten, wenn Hitze kommt; seine Blätter bleiben grün; auch in einem trockenen Jahr ist er ohne Sorge, er hört nicht auf, Frucht zu tragen.
Steppenstrauch gegen Baum!  Dürre Blätter gegen gute Früchte!  Welchem Bild gleicht mein Leben? Komme ich gerade noch so über die Runden oder ist mein Leben voll guter Ergebnisse? Der Unterschied, sagt Jeremia, liegt im Vertrauen. Wenn mein Ehepartner, meine Kinder oder meine Freunde zu meiner Lebensgrundlage werden, dann gründe ich mein Leben auf schwankenden Boden. Denn Menschen können meine tiefsten Bedürfnisse nicht erfüllen, das kann nur der, der das Leben geschaffen hat. Wer an ihm bleibt, ist am Strom des Lebens und die Früchte wachsen von selbst. Was heißt es für mich heute konkret, meine Hoffnung auf Gott zu setzen? 

24.März Jeremia 16, 14 - 15 19 - 21
Darum siehe, Tage kommen - Spruch des HERRN -, da sagt man nicht mehr: So wahr der HERR lebt, der die Söhne Israels aus dem Land Ägypten heraufgeführt hat!, sondern: So wahr der HERR lebt, der die Söhne Israels aus dem Nordland und aus allen Ländern, in die er sie verstoßen hatte, heraufgeführt hat. Ich bringe sie zurück in ihr Heimatland, das ich ihren Vätern gegeben habe. 
HERR, meine Kraft und meine Burg, meine Zuflucht am Tag der Not!  Zu dir kommen Völker von den Enden der Erde und sagen: Nur Trug erbten unsre Väter,  Wahngebilde, die nichts nützen.  Kann ein Mensch sich denn Götter machen? -  Doch Götter sind es dann nicht!  Darum siehe, ich bringe sie zur Erkenntnis;  diesmal bringe ich sie zur Erkenntnis meiner Macht und meiner Stärke und sie werden erkennen, dass mein Name HERR ist.

Nach kapitellangen Anklagen und Gerichtsdrohungen kommt plötzlich ein Ausblick: Der Weg des Volkes Israel ist doch nicht zu Ende.  Die Zeit der Strafe und des Leidens wird eines Tages vorbei sein. Diese Zeit bringt noch eine andere Frucht: Die umliegenden Völker werden Gott erkennen. Sie werden sich von ihren falschen Göttern trennen und sich dem wahren Gott zuwenden. Das ist für viele Millionen Menschen weltweit in Erfüllung gegangen. Darin liegt eine wichtige Erkenntnis: Gott kann - und will! - eine Zeit des Leidens zum Segen werden lassen. Die schließliche Rettung des Volkes wird zum Segen für die Völker.  Können Dinge, an denen ich leide - und die ich vielleicht als strafe empfinde - mir am Ende zum Segen werden? 

23. März  Jeremia 13, 1 - 9
 So hat der HERR zu mir gesagt: Geh, kauf dir einen Schurz aus Leinen und leg ihn dir um die Hüften, aber tauch ihn nicht ins Wasser!  Da kaufte ich den Schurz nach dem Wort des HERRN und legte ihn mir um die Hüften. Nun erging das Wort des HERRN zum zweiten Mal an mich; er sagte:  Nimm den gekauften Schurz, den du um die Hüften trägst! Mach dich auf, geh an den Eufrat und verbirg ihn dort in einer Felsspalte!  Ich ging hin und verbarg ihn am Eufrat, wie mir der HERR befohlen hatte. Nach längerer Zeit sprach der HERR zu mir: Mach dich auf, geh an den Eufrat und hol von dort den Schurz, den ich dir dort zu verbergen aufgetragen habe! Da ging ich zum Eufrat, grub und nahm den Schurz von der Stelle, wo ich ihn verborgen hatte. Und siehe: Der Schurz war verdorben, zu nichts mehr zu gebrauchen.  Nun erging das Wort des HERRN an mich:  So spricht der HERR: Ebenso verderbe ich den Hochmut Judas und den großen Hochmut Jerusalems.
Diese prophetische Handlung findet ganz bewusst am Euphrat statt, dem Fluss, an dem bald die Einwohner Jerusalems sitzen und weinen werden (on the rivers of Babylon...). So wie dieser Schurz verdirbt, wird das Volk verderben. Es ist auch bei uns öfters so, dass ein ganz natürlicher Ablauf  oder eine alltägliche Handlung plötzlich transparent wird für eine dahinterliegende Wahrheit.  So kann es bei der Betrachtung einer Landschaft oder einer Tätigkeit geschehen, dass plötzlich dieser Gedanke kommt:  Das was ich gerade sehe, ist mir wie ein Gleichnis für das Handeln Gottes oder für eine tiefere Wahrheit. Um das zu erleben und zu hören, ist Aufmerksamkeit nötig.  Viele Dinge können mir so mitten im Alltag zum Sprachrohr Gottes werden. Und dann sehe ich nicht mehr das verrottete Stück Stoff, sondern die Aussage dahinter. Was wird dir durchscheinend für Gottes Reden? 

22.März  Jeremia 12, 14 - 17
So spricht der HERR über alle meine bösen Nachbarn, die das Erbteil antasten, das ich meinem Volk Israel zum Erbe gegeben habe: Siehe, ich reiße sie von ihrem Boden aus; doch auch das Haus Juda reiße ich aus ihrer Mitte. Und es wird sein: Nachdem ich sie ausgerissen habe, will ich umkehren und mich ihrer erbarmen und ich werde sie zurückbringen, einen jeden in sein Erbteil und jeden in seine Heimat.  Und es wird sein: Wenn sie wirklich die Wege meines Volkes lernen, sodass sie bei meinem Namen schwören: So wahr der HERR lebt!, wie sie vorher mein Volk gelehrt hatten, beim Baal zu schwören, dann sollen sie inmitten meines Volkes wieder aufgebaut werden.  Gehorchen sie jedoch nicht, so werde ich dieses Volk völlig ausreißen und vernichten - Spruch des HERRN.
Bisher ging es immer um Israel und sein Geschick. Doch nun wendet sich der Prophet den umliegenden Völkern zu. Das Gericht und die Barmherzigkeit Gottes gilt auch ihnen. Doch auch für sie gilt die Bedingung, sich von falschen Göttern abzuwenden. Wenn sie den einen Gott verehren, dann werden sie Bestand haben.  Hat das für unser Land Bedeutung? "Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott " - so beginnt unsere Verfassung.  Und das ist gut so, denn das bedeutet Schutz und eine letzte Gründung all unserer Werte. Allerdings sind damit auch Pflichten verbunden - etwa die, Schwache, Arme und Fremde zu schützen. 

21.März Jeremia 12, 1 - 4
 Du bleibst im Recht, HERR, auch wenn ich mit dir streite; dennoch muss ich mit dir rechten. Warum haben die Frevler Erfolg, weshalb können alle Abtrünnigen sorglos sein?  Du hast sie eingepflanzt und sie schlagen Wurzel, sie wachsen heran und bringen auch Frucht. Nahe bist du ihrem Mund, aber fern von ihrem Inneren. Du jedoch, HERR, kennst und siehst mich;  du hast mein Herz erprobt, ob es bei dir ist. Raff sie weg wie Schafe zum Schlachten, sondere sie aus für den Tag des Mordens!
Die Frage ist heute aktuell wie damals: Warum geht es den Gottlosen so gut? Das ist doch nicht gerecht! Ich bemühe mich, Gebote zu halten und das Rechte zu tun - und Andere scheren sich nicht darum und sie haben Erfolg im Leben! Sie reden von dem, was gut und gerecht ist, aber in ihrem Inneren sieht es ganz anders aus. Wenn es hier gerecht zuginge, müsste es ihnen schlecht ergehen. Also, Gott, schaff sie fort! Aber Gott, der - wie Jesus sagt - seine Sonne über Gerechte und Ungerechte aufgehen lässt, tut nichts dergleichen. Denn das Konzept der gerechten Vergeltung war schon damals gescheitert. Und nicht die Strafdrohung, sondern die bedingungslose Liebe verändert Menschen. Aber wir alle haben diesen Hang  in uns, denen, die unrecht leben, Böses zu wünschen. 

20.März Jeremia 11, 20 - 25
Aber der HERR der Heerscharen richtet gerecht, er prüft Nieren und Herz. Ich werde deine Vergeltung an ihnen sehen, denn dir habe ich meine Sache anvertraut. Darum - so spricht der HERR gegen die Leute von Anatot, die mir nach dem Leben trachten und sagen: Du darfst nicht als Prophet im Namen des HERRN auftreten, wenn du nicht durch unsere Hand sterben willst. Darum - so spricht der HERR der Heerscharen: Seht, ich werde sie heimsuchen. Die jungen Männer sterben durchs Schwert, ihre Söhne und Töchter sterben vor Hunger. So wird den Leuten von Anatot kein Rest mehr bleiben, wenn ich Unheil über sie bringe, das Jahr ihrer Bestrafung.

Die Leute seiner Heimatstadt trachten Jeremia nach dem Leben.  Sie bestreiten seine Berufung und wollen verhindern, dass er weiterhin im Namen Gottes redet. Ist es Neid? Oder sind sie um den Ruf ihrer Stadt besorgt?  Wie oft haben Menschen, die Gott gehorchen wollten, Ablehnung und Verfolgung erfahren.  Und Jeremia reagiert darauf ganz menschlich: Er verkündet ihnen die Vernichtung. Jesus hat Ähnliches erlebt. In seiner Heimatstadt wurde er fast gesteinigt. In Jerusalem  zum Tode verurteilt. Aber es gibt da einen bemerkenswerten Unterschied: Jesus spricht nicht von Vergeltung. Er betet für seine Feinde: Vater, vergib ihnen!  

19.März Jeremia 11, 18 - 20
Der HERR ließ es mich wissen und so wusste ich es; damals ließest du mich ihr Treiben durchschauen. Ich aber war wie ein zutrauliches Lamm, das zum Schlachten geführt wird, und ahnte nicht, dass sie gegen mich Böses planten: Wir wollen den Baum im Saft verderben; wir wollen ihn ausrotten aus dem Land der Lebenden, sodass seines Namens nicht mehr gedacht wird.  Aber der HERR der Heerscharen richtet gerecht, er prüft Nieren und Herz. Ich werde deine Vergeltung an ihnen sehen, denn dir habe ich meine Sache anvertraut.

Die  Berufung, die Jeremia hat, ist eine schwere  Bürde. Die Verantwortlichen im Lande wollen seine Worte nicht hören, sie hassen seine Botschaft. Und sie beschließen, ihn  beiseite zu schaffen. Jeremia hatte sich nicht vorstellen können, dass sie dazu fähig sind. Aber Gott hat ihm diese Pläne gezeigt - wie, wissen wir nicht.  Was tut Jeremia daraufhin? Er bleibt beharrlich, er hört nicht auf, zu rufen. Er setzt all sein Vertrauen auf Gott, er traut ihm zu, dass er sich um diese Pläne seiner Gegner kümmert. Was tue ich, wenn Menschen mich angreifen, verleumden oder mir schaden wollen? Sage ich auch: "Ich habe meine Sache Gott anvertraut"? 

18.März Jeremia 11, 1 - 5
 Das Wort, das vom HERRN an Jeremia erging: Hört die Worte dieses Bundes! Du sollst sie den Leuten von Juda und den Einwohnern Jerusalems verkünden. Du sollst ihnen sagen: So spricht der HERR, der Gott Israels: Verflucht der Mensch, der nicht hört auf die Worte dieses Bundes,  die ich euren Vätern aufgetragen habe am Tag, als ich sie aus dem Land Ägypten herausführte, aus dem Schmelzofen des Eisens: Hört auf meine Stimme und handelt in allem nach meinen Geboten; dann werdet ihr mir Volk sein und ich will euch Gott sein. Nur so kann ich den Eid halten, den ich euren Vätern geschworen habe: ihnen ein Land zu geben, in dem Milch und Honig fließen, wie ihr es heute habt.
Die Worte Jeremias erinnern das Volk an den Bund, den Gott am Sinai mit ihnen geschlossen hat. Israel hat diesen Bund nicht gehalten, folglich behalten sie das Land nicht. Was so einfach klingt, ist ein Dilemma. "Handelt in allem nach meinen Geboten - dann werdet ihr mir Volk sein."  Die Erwählung ist an diese Bedingung geknüpft. Aber die Menschen können diese Bedingung nicht erfüllen, "sie sind alle abgefallen"  (Psalm 53,3). Die Erwählung ist von dieser Bedingung abhängig - scheinbar, denn trotz dieser Worte lässt Gott ja nicht von seinem Volk. Das ist Evangelium mitten im Alten, hier kündet sich das an, was Jesus später verkünden wird: Gott ist ein liebender Vater, der seine Kinder nicht loslässt. 

17.März  Jeremia 10, 23 - 24
 Ich weiß, HERR, dass der Mensch seinen Weg nicht zu bestimmen vermag, dass keiner beim Gehen seinen Schritt lenken kann.  Züchtige mich, HERR, doch mit Maß,  nicht in deinem Zorn,  damit du mich nicht zum Verschwinden bringst!

Mitten in den Texten über die Vernichtung des Volkes finden sich diese Worte. Das ist merkwürdig, denn ansonsten war immer klar, dass die Vernichtung das Ergebnis falschen Handelns ist. Und umgekehrt galt: Wenn ich mich korrekt verhalte, geht es mir gut. Ich habe es also selbst in der Hand. So denken wir heute noch. "Jeder ist seines Glückes Schmid", sagt der Volksmund. Aber hier dämmert dem Propheten, dass es nicht so ist. Er hat sein Schicksal nicht in der Hand. Sein Weg ist von Gott her bestimmt. Darum bleibt ihm nur die Bitte, Gott möge ihm gnädig sein und ihn nicht vernichten. Es ist gut, daran zu denken: Mein Erfolg ist nicht mein Verdienst  - und ein schweres Schicksal nicht Strafe. 

16.März Jeremia 10, 6 + 10 + 12 - 13
Niemand, HERR, ist wie du: Groß bist du und groß an Kraft ist dein Name. Wer sollte dich nicht fürchten, du König der Völker? Der HERR aber ist in Wahrheit Gott,  lebendiger Gott und ewiger König. Vor seinem Zorn erbebt die Erde,  die Völker halten seinen Groll nicht aus.  Er aber hat die Erde erschaffen durch seine Kraft, den Erdkreis gegründet durch seine Weisheit,  durch seine Einsicht den Himmel ausgespannt. Lässt er seine Stimme ertönen,  dann rauschen die Wasser am Himmel. Wolken führt er herauf vom Rand der Erde;  Blitze hat er für den Regen gemacht,  aus seinen Kammern entsendet er den Wind.
Angesichts der Götter, die die Völker anbeten, gerät der Prophet ins Schwärmen: Wir kennen den lebendigen Gott!  Wir kennen den Schöpfer der ganzen Welt! Alle Erscheinungen der Natur führt er auf ihn zurück.  Ein wenig von dieser Gewissheit würde uns guttun. Ahnen wir etwas von der Größe Gottes? Welche Vorstellung haben wir von ihm? Gibt es Erfahrungen in der Natur, die uns Gott näherbringen? Etwa die Majestät einer Berglandschaft oder die Weite eines Meeresstrandes? Welche Erfahrungen hast du da gemacht? Kennst du das Gefühl der Ehrfurcht vor der Größe dieses Gottes? 

15.März  Jeremia 10, 1 - 5
Hört das Wort, das der HERR zu euch spricht, ihr vom Haus Israel!  So spricht der HERR: Lernt nicht den Weg der Völker, erschreckt nicht vor den Zeichen des Himmels, wenn auch die Völker vor ihnen erschrecken! Denn die Gebräuche der Völker sind leerer Wahn. Ihre Götzen sind nur Holz, das man im Wald schlägt,  ein Werk aus der Hand des Schnitzers, mit dem Messer verfertigt.  Man verziert es mit Silber und Gold,  mit Nagel und Hammer macht man es fest, sodass es nicht wackelt.  Sie sind wie Vogelscheuchen im Gurkenfeld.  Sie können nicht reden;  sie müssen getragen werden, weil sie nicht gehen können. Fürchtet euch nicht vor ihnen;  denn sie können weder Schaden zufügen noch Gutes bewirken. 

Erschreckt nicht vor den Zeichen des Himmels! Nein, wir erschrecken nicht mehr vor Götterstatuen, auch wenn wir solche Kunstwerke faszinierend finden.  Wir erschrecken eher von "den Zeichen des Himmels".  Wir haben Angst vor der Klimakatastrophe, den Kipppunkten, an denen die Welt untergeht. Wir beten keine Götter mehr an, doch wir lassen uns von den Propheten des Untergangs Furcht einflößen. Ich will die Gefahren und Probleme dieser Welt nicht kleinreden, wir müssen Antworten auf große Herausforderungen finden.  aber diese Welt wird nicht untergehen, weil Gott sie in seinen Händen hält. "Fürchtet euch nicht!", ruft uns Jeremia zu. Das ist wie gesagt keine Anweisung zur Sorglosigkeit, soll uns aber vor panischer Furcht bewahren, die uns lähmt, wenn wir ihr Raum geben. Es gibt Hoffnung, weil Gott regiert. 

14.März  Jeremia 9, 22 - 23
So spricht der HERR: Der Weise rühme sich nicht seiner Weisheit, der Starke rühme sich nicht seiner Stärke, der Reiche rühme sich nicht seines Reichtums. Nein, wer sich rühmen will, rühme sich dessen,  dass er Einsicht hat und mich erkennt, nämlich dass er weiß: Ich, der HERR, bin es, der auf der Erde Gnade, Recht und Gerechtigkeit wirkt. Denn an solchen Menschen habe ich Gefallen - Spruch des HERRN. 

Gnade, Recht und Gerechtigkeit sind für das Zusammenleben der Menschen elementar wichtig. Wir sind ja bestrebt, die Welt in dieser Hinsicht zu verbessern. Aber schaffen wir das? Erreichen wir die Herzen der Menschen, so dass sie gnädig miteinander umgehen, das Recht achten und gerecht handeln?  Da ist unsere Weisheit oft am Ende. Nein, gute Argumente oder gar bedrohliche Stärke bewirken hier nichts. Ganz zu schweigen von Geld. Das richtige Verhalten von Menschen ist nicht zu erkaufen. Gott aber hat die Macht, Menschenherzen wie Wasserbäche zu lenken (Sprüche 11). Es ist eine demütigende Einsicht: Wir haben sehr begrenzte Möglichkeiten, Menschen zu verändern.  Darum bitten wir Gott: Verändere du diesen Menschen, damit er das Recht einhält und Gerechtigkeit übt. Und fange bei mir an! 

13.März Jeremia 8, 18 - 23
 Kummer steigt in mir auf. Mein Herz ist krank. Siehe, die Tochter meines Volks schreit aus fernem Lande her: »Will denn der HERR nicht mehr in Zion sein, oder soll es keinen König mehr haben?« Ja, warum haben sie mich so erzürnt durch ihre Bilder, durch fremde, nichtige Götzen? »Die Ernte ist vergangen, der Sommer ist dahin und uns ist keine Hilfe gekommen!« Mich jammert von Herzen, dass die Tochter meines Volks so zerschlagen ist; ich gräme und entsetze mich.  Ist denn keine Salbe in Gilead oder ist kein Arzt da? Warum ist denn die Tochter meines Volks nicht geheilt? Ach dass ich Wasser genug hätte in meinem Haupte und meine Augen Tränenquellen wären, dass ich Tag und Nacht beweinen könnte die Erschlagenen der Tochter meines Volks!

Wer spricht hier? Ist es Gott oder der Prophet? Es ist kaum zu unterscheiden. Ja, Gott kann nicht anders als das Volk dem Verderben preisgeben. Aber das nicht als ferner und gefühlloser Richter, sondern als ein Liebender, der vom Leiden des Volkes tief betroffen ist. Was für ein Gottesbild! Bei anderen Völkern gibt es ferne, launische, unnahbare Götter - Israels Gott wird wie ein Mann geschildert, dem nichts Anderes übrig bleibt, als seine untreue Ehefrau dem Gericht zu übergeben. Geht es nicht anders, wenn er doch Gott ist? Nein, denn Gerechtigkeit bedeutet, dass Konsequenzen nicht zu vermeiden sind. Dieses Dilemma zwischen dem liebenden Gott und dem harten Gericht kann der Prophet nicht lösen - es wird erst gelöst, indem Gott selbst in Jesus Christus die Strafe trägt.  Wir haben also nicht einfach einen zornigen Gott, der besänftigt werden muss, sondern einen Liebhaber, der einen Weg findet, seine geliebten Menschen aus diesem Dilemma zu erlösen. 

12.März  Jeremia 8, 6 - 9
 Ich horche hin und höre: Schlechtes reden sie, keiner bereut sein böses Tun und sagt:  Was habe ich getan? Jeder wendet sich ab und läuft weg, schnell wie ein Ross, das im Kampf dahinstürmt.  Selbst der Storch am Himmel kennt seine Zeiten; Turteltaube, Schwalbe und Drossel halten die Frist ihrer Rückkehr ein;  mein Volk aber kennt nicht die Rechtsordnung des HERRN.  Wie könnt ihr sagen: Weise sind wir und die Weisung des HERRN ist bei uns? Fürwahr, siehe: Der Lügengriffel der Schreiber hat es zur Lüge gemacht.  Zuschanden werden die Weisen, sie sind bestürzt und werden gefangen. Siehe, das Wort des HERRN haben sie verworfen und wessen Weisheit haben sie noch?
Was habe ich getan? Warum ist es oft so schwer, etwas zu bereuen? An den Weisungen Gottes liegt es nicht, sagt Jeremia. Sie sind so klar wie die Naturgesetze. Selbst die Tiere kennen ihre Wege und Zeiten. Im Gebot der Liebe zu Gott und meinem Nächsten ist alles  enthalten, sagt Jesus. Das ist so einfach, doch wir machen es schwer, indem wir fragen: "Wer ist denn mein Nächster?" Wer die einfache Weisung verwirft, verstrickt sich in komplizierten Erklärungen, warum sie nicht für ihn gilt und hält das am Ende für Weisheit. Warum fällt es mir schwer, um Vergebung zu bitten? Ist es mein Stolz auf meine Erkenntnisse, der mich nicht umkehren lässt? Oder ist es die Angst vor dem Bedeutungsverlust, wo ich doch gerne jemand  wäre? 

11.März  Jeremia 7
 So spricht der HERR der Heerscharen, der Gott Israels: Häuft nur Brandopfer auf Schlachtopfer und esst Fleisch! Denn ich habe euren Vätern am Tag, als ich sie aus dem Land Ägypten herausführte, nichts gesagt und nichts befohlen, was Brandopfer und Schlachtopfer betrifft. Vielmehr gab ich ihnen folgendes Gebot: Hört auf meine Stimme, dann will ich euch Gott sein und ihr sollt mir Volk sein! Geht in allem den Weg, den ich euch befehle, damit es euch gut geht!  Sie aber hörten nicht und neigten mir ihr Ohr nicht zu, sondern folgten den Eingebungen und der Verstocktheit ihres bösen Herzens. Sie zeigten mir den Rücken und nicht das Gesicht.

Hört auf meine Stimme! Geht meinen Weg, damit es euch gut geht. Ist es schwer, die Stimme Gottes zu hören und sie von "Eingebungen des bösen Herzens" zu unterscheiden?  Es stehen hier zwei Hinweise, die körperlich anschaulich sind: "Neige deinen Ohren" und "jemand das Gesicht statt den Rücken zuwenden".  Das steht für aufmerksames Hinhören und für eine bewusste Zuwendung. Wir können uns da einen Menschen vorstellen, der in der Stille vor Gott kniet und lauscht. Jeremia teilt uns mit: Wenn ihr das tut, werdet ihr die Stimme Gottes hören können.  "Naht euch Gott, dann naht er sich euch", hat viele Jahre später Jakobus geschrieben.  Habe ich heute Zeit dazu? Wem oder was wende ich mein Gesicht zu?

10.März Jeremia 7, 11 - 14
 Ist denn dieses Haus, über dem mein Name ausgerufen ist, in euren Augen eine Räuberhöhle geworden? Auch ich, siehe, ich habe es gesehen - Spruch des HERRN.  Ja, geht doch zu meiner Stätte in Schilo, wo ich früher meinen Namen wohnen ließ, und seht, was ich ihr angetan habe wegen des Bösen, das mein Volk Israel verübt hat! Nun denn, weil ihr alle diese Taten getan habt - Spruch des HERRN - und ich zu euch redete, eifrig redete, ihr aber nicht hörtet, und ich euch rief, ihr aber nicht antwortetet -, so werde ich mit dem Haus, über dem mein Name ausgerufen ist und auf das ihr euch verlasst, und mit der Stätte, die ich euch und euren Vätern gegeben habe, so verfahren, wie ich mit Schilo verfuhr. 

Schilo war das zentrale Heiligtum der Stämme Israels vor dem Tempelbau. Zur Zeit Jeremias ist es schon längst zerstört.  Die Warnung heißt hier: Das, was Schilo widerfahren ist, wird nun mit dem Tempel geschehen. Das Problem der Menschen um Jeremia ist, dass sie auf die falschen Dinge vertrauen. Der Tempel war der Ort der Anwesenheit Gottes und deshalb sagten die Menschen:  Hier kann uns nichts passieren, denn hier ist Gott. Sie vertrauten auf ein Gebäude statt ihr Leben nach Gott auszurichten. Die religiösen Rituale, Gebete und Gottesdienste, die wir erleben, können eine falsche Sicherheit schaffen. Wenn wir unsere religiöse Praxis - und sei sie auch noch so schön und erhebend - mit Gott selbst verwechseln, dann werden diese Rituale leer und sinnlos. Jesus hat die Kritik Jeremias am Tempel wiederholt:  Das ist eine Räuberhöhle! Der Tempel soll ein Bethaus sein - ein Haus der intensiven  Begegnung mit Gott und kein Haus für rituelle Handlungen. Wie erlebe ich in meiner Kirche wirklich Gott? 

9.März Jeremia 7, 1 - 7 
Das Wort, das vom HERRN an Jeremia erging:  Stell dich an das Tor des Hauses des HERRN! Dort ruf dieses Wort aus und sprich: Hört das Wort des HERRN, ganz Juda, alle, die ihr durch diese Tore kommt, um euch vor dem HERRN niederzuwerfen! So spricht der HERR der Heerscharen, der Gott Israels: Bessert euer Verhalten und euer Tun, dann will ich bei euch wohnen hier an diesem Ort! Vertraut nicht auf die trügerischen Worte: Der Tempel des HERRN, der Tempel des HERRN, der Tempel des HERRN ist dies!  Denn nur wenn ihr euer Verhalten und euer Tun von Grund auf bessert, wenn ihr wirklich gerecht entscheidet im Rechtsstreit,  wenn ihr die Fremden, die Waisen und Witwen nicht unterdrückt, unschuldiges Blut an diesem Ort nicht vergießt und nicht anderen Göttern nachlauft zu eurem eigenen Schaden, dann will ich bei euch wohnen hier an diesem Ort, in dem Land, das ich euren Vätern gegeben habe von ewig und auf ewig.
Jeremia hat Mut und das kostet ihn fast das Leben. Er stellt sich ans Tor des Tempels und ruft seine Botschaft mitten in die heiligen Handlungen hinein. Er stört! Es war der feste Glaube der Menschen in Judäa, dass der Tempel ewig besteht und unzerstörbar ist. "Nein!", sagt Jeremia in göttlicher Autorität. "Ob er bleibt, entscheidet sich an eurem Verhalten und Tun." Er nennt gerechtes Entscheiden, den Einsatz für Fremde, Witwen und Waisen, Vermeidung von Blutvergießen und Abstand von Götzendienst. Sagt uns das heute noch etwas?  Auch bei uns ist das Wichtigste unser konkretes Verhalten und nicht der Kirchgang. Welches sind unsere Götter, denen wir nachlaufen? Wo schaden wir dem Leben, das Gott gibt? Wodurch benachteiligen wir Flüchtlinge und Obdachlose?  Um hierin einem erdrückenden Aktivismus zu wehren: Hier im Text steht dreimal "nicht" - es geht also nicht um neue Aktivitäten, sondern um Dinge, die wir lassen sollen, damit andere leben können. Was könnte das bei mir sein? 

8.März Jeremia 6, 16 - 20
So spricht der HERR: Stellt euch an die Wege und haltet Ausschau, fragt nach den Pfaden der Vorzeit, fragt, wo der Weg zum Guten liegt; geht auf ihm, so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele!  Sie aber sagten: Wir gehen nicht. Auch habe ich Wächter für euch aufgestellt: Achtet auf den Schall des Widderhorns! - Sie aber sagten: Wir achten nicht darauf. Darum hört, ihr Völker, und erkenne, Versammlung, was mit ihnen geschieht! Höre, Erde! Siehe, ich bringe Unheil über dieses Volk als Frucht seiner Gedanken. Denn auf meine Worte haben sie nicht geachtet und meine Weisung haben sie verschmäht. Was soll mir der Weihrauch aus Saba und das gute Gewürzrohr aus fernem Land? Eure Brandopfer gefallen mir nicht, eure Schlachtopfer sind mir nicht angenehm. 

Sie gehen nicht! Sie achten nicht darauf! Statt auf Weisungen zu achten, feiern sie Gottesdienste! Dabei wäre es nicht so schwer, zu fragen, wo der Weg zum Guten verläuft. Nämlich dort, wo er schon in der Vorzeit verlief. Das redet keinem starren Traditionalismus das Wort, sondern meint die Wege, die immer schon zum Guten führten. "Es ist dir gesagt, o Mensch, was gut ist...!" heißt es in Micha 6,3. Das kommende Unheil ist hier "Frucht der Gedanken".  Welche Wege führen heute zum Guten? Auf welche Hinweise Gottes kann ich heute achten? Gibt es Warnsignale, die ich hören sollte, wenn ich Entscheidungen treffe?  Rechne ich mit dem Reden Gottes in meinen Tag hinein? 

7.März Jeremia 6, 10 - 14
 Zu wem soll ich reden und wen ermahnen, dass sie hören? Siehe, ihr Ohr ist unbeschnitten, sie können nichts vernehmen. Das Wort des HERRN dient ihnen zum Spott; es gefällt ihnen nicht. Darum bin ich erfüllt vom Zorn des HERRN, bin es müde, ihn länger zurückzuhalten. - Gieß ihn aus über das Kind auf der Straße und zugleich über die Schar der jungen Männer! Ja, alle werden gefangen genommen, Mann und Frau, Greis und Hochbetagter. Ihre Häuser gehen an andere über, die Felder und auch die Frauen. Denn ich strecke meine Hand aus gegen die Bewohner des Landes - Spruch des HERRN. Sie alle, von ihrem Kleinsten bis zu ihrem Größten, sind nur auf Gewinn aus; vom Propheten bis zum Priester betrügen sie alle. Den Schaden meines Volkes möchten sie leichthin heilen, indem sie sagen: Frieden! Frieden! - Aber da ist kein Friede.
Jeremia sieht sich einer Gesellschaft gegenüber, die schulterzuckend seine Botschaft übergeht. Das ist doch alles nicht so schlimm! Jeremia, du übertreibst, wir haben doch Frieden und Ruhe, die Geschäfte laufen gut. Auch uns gefallen mahnende Worte nicht. Unsere Lebensweise, der unbegrenzte Konsum, die Ausbeutung der Erde auf Kosten anderer Länder - so Vieles ist nicht in Ordnung. Hören wir die Worte unserer Propheten? Oder sind sie uns gleichermaßen lästig? Was müsste ich "eigentlich" ändern? Laufen wir wie die Menschen zur Zeit Jeremias blind und taub auf eine Katastrophe zu? 

6.März Jeremia 4, 26 - 30
Ich schaute und siehe: Das Gartenland war Wüste  und all seine Städte waren zerstört, zerstört durch den HERRN, durch seinen glühenden Zorn. Ja, so spricht der HERR:  Das ganze Land soll zur Öde werden; doch völlig vernichten will ich es nicht. Deswegen vertrocknet die Erde und verfinstert sich der Himmel droben, denn ich habe gesprochen und geplant, es reut mich nicht und ich nehme es nicht zurück. Vor dem Lärm der Pferde und Bogenschützen flieht die ganze Stadt; sie gehen in Höhlen und sie steigen die Felsen hinauf. Verlassen ist jede Stadt, niemand wohnt mehr darin. Du aber, was tust du, wenn du verwüstet bist? Wie kannst du in Purpur dich kleiden, mit Goldschmuck dich zieren, dir mit Schminke die Augen weiten? Umsonst machst du dich schön. Die Liebhaber verschmähen dich; sie trachten dir nach dem Leben. 

Das Land Juda und seine Bewohner  erleben die Konsequenz ihres Lebens auf der falschen Seite. Sie hatten sich den Göttern jener zugewandt, die sie nun erobern und unterjochen. Gott wird hier wie ein betrogener und verlassener Mann geschildert, der in seinem rasenden Zorn alles zerschlägt. Dieses Gottesbild ist uns fremd. Aber haben wir Gott damit nicht verharmlost? Wir haben ihn zu jenem hilflos weinenden Greis gemacht, der  bei Wolfgang Borchert (Draußen vor der Tür) nur noch jammert: "Meine Kinder, meine lieben Kinder!" Aber das ist nicht Gott, der Herrscher von Himmel und Erde. Zwischen diesen beiden Alternativen - Ohnmacht oder Zorn - steht Jesus Christus, der Gott, der selbst in den Riss tritt und sich für die Versöhnung der Welt opfert.  Die Nachfolger Jesu protestieren wie Jeremia gegen falsche Götter - und sie beten und arbeiten für die Versöhnung der Welt, damit sie nicht im Zorn Gottes untergeht. (Vielleicht  brauchen wir andere Begriffe für den "Zorn Gottes" - ich empfehle Frank Schätzings "Der Schwarm".)

5.März Jeremia 4, 16 - 18
Meldet den Nationen: Siehe! Lasst hören über Jerusalem: Belagerer kommen aus fernem Land, / sie erheben gegen Judas Städte ihre Stimme. Wie Feldwächter haben sie Juda umstellt;  denn mir hat es getrotzt - Spruch des HERRN.  Dein Weg und deine Taten haben dir das eingebracht.  Deine Bosheit ist schuld, dass es so bitter steht,  dass es dich bis ins Herz trifft.

Wie du dich verhältst, so wird es dir ergehen. An diesen Grundsatz glaubt ganz Israel. Deine Bosheit ist schuld an deinem Schicksal. Gilt dieser Grundsatz auch für uns heute? Ja, das lässt sich durchaus beobachten. Wenn jemand Menschen schlecht behandelt,  betrügt oder schädigt, wird das entsprechende Wirkungen in seinem Leben haben. "Es trifft dich bis ins Herz" sagt Jeremia. Denn das, was im Leben eines Menschen wirklich wichtig ist - Beziehung, Liebe, Freundschaft - wird dadurch zerstört. Wir mögen Menschen kennen, die durch Betrug oder Verrat viel erreicht haben, aber ihr Gericht haben sie sich selbst "angerichtet", indem das, was ihnen das Wichtigste sein sollte, nichts mehr gilt.  Die Warnung des Propheten gilt  bis heute: Du erntest, was du tust! 

4.März   Jeremia 4, 5 - 7 
Meldet es in Juda, lasst es hören in Jerusalem und sagt: Stoßt im Land ins Widderhorn, ruft aus voller Kehle und sagt: Sammelt euch! Wir wollen ziehen in die befestigten Städte!  Stellt ein Feldzeichen auf: Nach Zion! Flüchtet, bleibt nicht stehen! Denn Unheil bringe ich von Norden und großes Verderben. Der Löwe hat sich aus dem Dickicht erhoben, der Völkervernichter ist aufgebrochen; er hat seinen Ort verlassen, um dein Land zur Wüste zu machen.

Der Text ist für unser Gottesbild schier unerträglich, denn da heißt es von Gott: "Unheil bringe ich von Norden!"  Angekündigt wird die Invasion der Babylonier, die Jerusalem vernichten und den heiligen Tempel zerstören  werden. In den alten Schriften wird jedes Geschehen auf Gott zurückgeführt.  Darum kann diese Vernichtung nur als Gericht verstanden werden.  Wie sehen wir das heute? Ist die Covid19-Pandemie ein Gericht Gottes? Oder der Ukraine-Krieg? Wir sind vorsichtig geworden mit solchen Zuschreibungen. Doch es bleibt die Frage, was Gott mit diesen Geschehnissen zu tun hat. Lässt er sie zu? Lenkt er sie gar? Eines kann gesagt werden: Gott verhindert menschengemachtes Unheil nicht. Aber er nutzt es für die größeren Ziele der Geschichte der Menschen. Dass dabei Menschen umkommen, ist die bleibende Tragik und die offene Frage an Gott: Warum geht es nicht anders? Ich verstehe das nicht - und will dennoch vertrauen, dass mir der Sinn noch verborgen ist. Denn Juda bleibt und aus einem Desaster entspringt am Ende etwas Neues. 

3.März Jeremia 4, 1 - 4
»Wenn du umkehrst, Israel, dann darfst du zu mir zurückkommen; wenn du deine abscheulichen Götzen wegschaffst, dann sollst du bei mir wieder Geborgenheit finden.  Wenn du beim Schwören sagst: ›So gewiss der HERR lebt‹, und dabei ehrlich und rechtschaffen bist und zu deinem Wort stehst, dann werden auch die anderen Völker von mir Glück und Segen erwarten und werden stolz sein, mich zu kennen.« Ja, dies sagt der HERR dem Volk von Juda und den Bewohnern Jerusalems: »Pflügt den Acker völlig um, statt unter die Dornen zu säen! 4 Beschneidet euch so, wie es mir gefällt, nämlich an euren Herzen. Schafft weg, was euch von mir trennt. Sonst kommt mein Zorn über euch und brennt wie ein Feuer. Dann hilft kein Löschen mehr; ihr habt zu viel Böses getan!«

Wer wie das Volk Israel zur Zeit Jeremias einen völlig falschen Weg eingeschlagen hat, dem hilft es nicht, sich ein wenig zu ändern.  Die Änderung muss radikal sein, also an die Wurzel gehen. Die Dornen müssen samt der Wurzeln vom Acker verschwinden. Beschneidung kann ein bloß äußeres Zeichen sein, die Veränderung muss das Herz, das Zentrum des Menschen erreichen. Dasselbe kann man von der Taufe sagen: Sie muss im Herzen immer wieder innerlich erneuert werden. Das Ziel ist ein wahrhaftiger, in der Persönlichkeit verankerter Glaube. Das hat Auswirkungen: Andere Menschen  werden auf diesen Gott aufmerksam, der Menschen verändern kann.  Wie sehr ist der Glaube an Gott in meinem Herzen verankert, so dass er mein Denken und Handeln bestimmt? Worin muss ich radikal umkehren? 

2.März Jeremia 3, 22 - 23
Kehrt um, ihr abtrünnigen Kinder,  ich will eure Abtrünnigkeit heilen! Da sind wir, wir kommen zu dir;  denn du bist der HERR, unser Gott! Fürwahr, Trug kommt von den Höhen, der Lärm auf den Bergen. Fürwahr, beim HERRN, unserm Gott, ist Israels Rettung.

Trug kommt von den Höhen! Auf den Höhen standen die Heiligtümer der fremden Götter, dort wurden lärmende Feste gefeiert. Aber nun kehren Menschen um und wenden sich Gott zu: "Du bist der Herr, unser Gott!"  Und erst nach dieser klaren Wende wird ihnen der Trug erkennbar.  Wie ist das in unserer Zeit, in der so viel von fake news und alternativen Wahrheiten die Rede ist?  Wenn wir uns den Werten und Zielen unseres Gottes zuwenden, wird der Trug offenbar. Wenn wir beginnen, das zu leben, was uns Jesus vorgelebt hat, wird klar, wo es nur  "viel Lärm um nichts" gibt.  Die Zuwendung schafft Klarheit. 

1.März  Jeremia 3, 14 - 17

Kehrt um, ihr abtrünnigen Söhne - Spruch des HERRN; denn ich bin euer Gebieter. Ich hole euch, einen aus jeder Stadt und zwei aus jeder Sippe, und bringe euch nach Zion. Ich gebe euch Hirten nach meinem Herzen; mit Einsicht und Klugheit werden sie euch weiden. Und wenn ihr euch im Land vermehrt und fruchtbar seid in jenen Tagen - Spruch des HERRN -, wird man nicht mehr rufen: die Bundeslade des HERRN! Sie wird niemand in den Sinn kommen; man denkt nicht mehr an sie, vermisst sie nicht und sie wird nicht wiederhergestellt. In jener Zeit wird man Jerusalem Thron des HERRN nennen; dort, beim Namen des HERRN in Jerusalem, werden sich alle Völker versammeln und sie werden nicht mehr der Verstocktheit ihres bösen Herzens folgen. 

Inmitten dieser harten Urteilssprüche findet sich plötzlich: Hoffnung! Jeremia schaut in eine Zukunft, die hinter all dem Schrecklichen liegt, das er zu verkünden hat. Ja, Gott hat diesen Totalanspruch auf das Leben und die Anbetung seines Volkes. Doch er sehnt sich auch danach, dass Frieden wird, dass der Schalom im Land herrscht. Es geht ihm nicht um religiöse Zeremonien oder eine neue Bundeslade - ER selbst will präsent sein. Er will Hirte seines Volkes sein. Und sein Plan ist immer noch, dass dies auf alle Völker ausstrahlt und von Jerusalem Gerechtigkeit und Frieden ausgehen. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Habe ich die Hoffnung, dass hinter all dem Bösen und Schrecklichen in dieser Welt Gottes Reich kommt? 

28.Februar  Jeremia 3, 6 - 8
Der HERR sprach zu mir zur Zeit des Königs Joschija: Hast du gesehen, was Israel, die Abtrünnige, getan hat? Sie begab sich auf jeden hohen Berg und unter jeden üppigen Baum und trieb dort Unzucht.  Ich dachte: Nachdem sie dies alles getan hat, wird sie zu mir zurückkehren; aber sie kehrte nicht zurück. Das sah ihre Schwester Juda, die Treulose.  Auch sah sie, dass ich Israel, die Abtrünnige, wegen ihres Ehebruchs entließ und ihr die Scheidungsurkunde gab. Aber das schreckte ihre Schwester Juda, die Treulose, nicht ab; sie ging hin und trieb ebenfalls Unzucht.
Die Teilstaaten Israel und Juda werden hier als zwei Schwestern bezeichnet. Israel ist 722 v.Chr. untergegangen.  Ihre Unzucht ist der Götzendienst. Gott wird als Ehemann dargestellt, der hofft, dass seine Frau nach geschehener Sünde reumütig zu ihm zurückkehrt. Aber das geschieht nicht.  So bleibt ihm nichts anderes übrig, als sich von ihr zu trennen.  Aber selbst das hält ihre Schwester nicht davon ab, genau dasselbe zu tun.  Damit erzählt der Text etwas über Sünde: Wenn Menschen keine Konsequenzen spüren, gehen sie auf ihren falschen Wegen weiter.  Und diese Konsequenzen müssen sie an sich selbst spüren - Konsequenzen bei anderen bewirken  bei ihnen keine Umkehr.  Darf man das wirklich so verallgemeinern?  Kommt uns Einsicht nur, wenn wir die negativen Konsequenzen unseres Handelns spüren? Der Prophet sagt: Das ist nicht normal! Das müsste und könnte anders sein.  Was könnte mich zur Einsicht bringen, wenn ich auf einen falschen Weg geraten bin? 

27.Februar Jeremia 2,  31 - 35
Warum sagt mein Volk: Wir wollen frei umherschweifen, wir kommen nicht mehr zu dir? Vergisst denn ein Mädchen seinen Schmuck, eine Braut ihre Bänder? Mein Volk aber hat mich vergessen seit ungezählten Tagen.  Wie gut findest du deinen Weg, wenn du Liebe suchst. Sogar an Verbrechen hast du dein Verhalten gewöhnt. Selbst am Saum deiner Kleider fand sich das Blut von Armen, von Unschuldigen, die du nicht etwa beim Einbruch ertappt hast. Ja, es fand sich sogar noch mehr.  Und trotzdem sagst du: Ich bin unschuldig; sein Zorn hat sich ja von mir abgewandt.
 
Das Volk hat Gott vergessen. Es hat ihn verlassen. Was einem wirklich wichtig ist, das vergisst man nicht! Wenn wir etwas begehren, finden wir Wege, es zu bekommen. Also ist uns Gott, da wir ihn vergessen, nicht wirklich wichtig. Und schlimmer noch: Wir haben uns an Verbrechen gewöhnt. Wie aktuell sind diese Worte! An unseren Kleidern klebt das Blut derer, die sie allzu billig herstellen. Unschuldige sterben infolge unserer Wirtschaftsformen.  Uns geht es gut - dann sind wir doch offenbar unschuldig, oder? Wie reagieren wir auf die Ungerechtigkeit, die in unserer Welt herrscht? Glauben wir wirklich, Gott ist es egal, wie wir handeln? 

26.Februar Jeremia 2, 26 - 28 
Wie ein ertappter Dieb sich schämt, so müssen sich die Leute vom Haus Israel schämen, sie selbst, ihre Könige und Beamten, ihre Priester und Propheten. Sie sagen ja zum Holz: Du bist mein Vater und zum Stein: Du hast mich geboren. Sie kehren mir den Rücken zu und nicht das Gesicht; sind sie aber in Not, dann rufen sie: Erheb dich und hilf uns!  Wo sind nun deine Götter, die du dir gemacht hast? Sie mögen sich erheben, falls sie dir helfen können, wenn du in Not bist. Denn so zahlreich wie deine Städte, Juda, sind auch deine Götter. 
Wir haben keine Götter aus Holz oder Stein - aber welche Götter haben wir uns gemacht? "Woran dein Herz hängt, das ist dein Gott!", hat Luther geschrieben. Woran denke ich ständig, was will ich unbedingt (!) haben?  In der Not wenden wir uns dem lebendigen Gott zu - und das zeigt, dass wir doch wissen, wo wirklich Hilfe zu holen ist. Darum die Fragen: Was ist wirklich wichtig und wesentlich in meinem Leben? Wo ist wahres Leben? Es wird etwas sein, das mit Liebe, Freundschaft, Beziehung zu tun hat - und nicht mit Geld, Besitz oder Karriere. 

25.Februar Jeremia 2, 14 - 19
Ist Israel denn ein Knecht oder ein im Haus geborener Sklave? Warum wurde es zur Beute? Über ihm brüllten Löwen und ließen ihre Stimme erschallen. Sie machten sein Land zur Wüste; seine Städte sind verbrannt und menschenleer.  Sogar die Leute von Memfis und Tachpanhes zertrümmern dir den Schädel. Geschieht dir das nicht deshalb, weil du den HERRN, deinen Gott, in der Zeit verlassen hast, als er dich geleitete auf dem Weg?  Was nützt dir jetzt der Weg nach Ägypten, um Nilwasser zu trinken, und was nützt dir jetzt der Weg nach Assur, um Eufratwasser zu trinken? Dein böses Tun straft dich, deine Abtrünnigkeit züchtigt dich. So erkenne doch und sieh ein, wie schlimm und bitter es ist, den HERRN, deinen Gott, zu verlassen und keine Furcht vor mir zu haben - Spruch des Herrn, des GOTTES der Heerscharen.
Es fällt nicht leicht, eine solche Geschichtsschau zu vernehmen! Wir sind leicht dabei, uns mit dem Argument zu wehren, dass nicht jedes Unglück Folge von Sünde ist.  Schon in den Psalmen wird ja gefragt, warum manche Gottlose so glücklich sind.  Und die Staaten, denen es gut geht, sind nicht nur die Staaten, die Gott in den Mittelpunkt stellen. Doch es geht hier um Israel, um das Volk, das Gott erwählt hat.  Dieser besonderen Stellung entspricht ein besonderer Anspruch: Israel darf Gott nicht untreu werden. Folgt es fremden Göttern, steht es nicht mehr unter dem Segen Gottes.  Und wie ist das mit der Kirche, dem hinzugekommenen Volk Gottes? Was heißt es für uns, Gott treu zu sein? 

24.Februar Jeremia 2, 11 - 13
Hat je ein Volk seine Götter gewechselt? Dabei sind es gar keine Götter. Mein Volk aber hat seinen Ruhm gegen unnütze Götzen vertauscht. Entsetzt euch darüber, ihr Himmel, erschaudert gewaltig! - Spruch des HERRN. Denn mein Volk hat doppeltes Unrecht verübt: Mich hat es verlassen, den Quell des lebendigen Wassers, um sich Zisternen zu graben, Zisternen mit Rissen, die das Wasser nicht halten. 
Wie widersinnig ist das?  Juda hat einen lebendigen Gott, der das Volk führt und beschützt. Aber sie wählen sich Götter, die nur Statuen sind. So unsinnig, wie frisches fließendes Wasser gegen fauliges, abgestandenes Zisternenwasser zu vertauschen. aber mache ich es nicht genauso? Was ist für mich diese Quelle des lebendigen Wassers? Und was sind meine Zisternen?  Wo suche ich das Leben, Erfrischung, Kraft - und begnüge mich dabei mit abgestandenen Dingen?  Warum? Weil diese "Quellen" leicht verfügbar sind, weil ich sie jederzeit anzapfen kann, auch wenn nichts dabei herauskommt. Eben wie ein Götzenbild, das ich immer betrachten kann. Gott ist nicht verfügbar, ich muss darauf vertrauen, dass diese Quelle zu seiner Zeit sprudelt. Es ist diese Abhängigkeit von Gott, die mir schwerfällt. 

23.Februar Jeremia  2, 1 - 7
Das Wort des HERRN erging an mich: Auf! Ruf Jerusalem laut ins Ohr: So spricht der HERR: Ich gedenke deiner Jugendtreue, der Liebe deiner Brautzeit, wie du mir in der Wüste gefolgt bist, im Land ohne Aussaat. Heilig war Israel dem HERRN, Erstlingsfrucht seiner Ernte. Wer davon aß, machte sich schuldig, Unheil kam über ihn - Spruch des HERRN. Hört das Wort des HERRN, ihr vom Haus Jakob und all ihr Geschlechter des Hauses Israel!  S